BVB in der Europa League:Schwerelos zu sieben Toren

BVB Borussia Dortmund - Odds BK Skien Europa League

Abgeklatscht: Trainer Thomas Tuchel und der dreifache Torschütze Marco Reus.

(Foto: dpa)
  • Okay, es war nur Odds BK, ein Nobody aus der norwegischen Provinz. Doch auch in der Qualifikation zur Europa League zeigt Borussia Dortmund seinen neuen Geist.
  • Mit einem 7:2 im Rückspiel qualifiziert sich der BVB für die Gruppenphase, die am Freitag um 13 Uhr ausgelost wird.
  • Hier finden Sie alle Ergebnisse der Europa-League-Qualifikation.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Die Frage des norwegischen Reporters sorgte im Auditorium für ein Schmunzeln: Ob er stolz sei, mit seinem Team fünf Tore gegen Borussia Dortmund erzielt zu haben, wollte der Journalist von Dag-Eilev Fagermo wissen. Der schaute ein wenig ungläubig und gab zu Protokoll, durchaus "ambivalente Gefühle" zu hegen. Die Art, wie der Trainer von Odds BK dabei die Stirn in Falten zog, gab Aufschluss darüber, dass sich die Ausschüttung von Glückshormonen in Grenzen hielt. Was angesichts von elf Gegentoren durchaus verständlich war.

Odds BK, der Nobody aus der norwegischen Provinz, ist nach dem mehr als respektablen 3:4 im Hinspiel im Ruhrgebiet hinweggefegt worden wie eine Schneeflocke im skandinavischen Sturmtief. 2:7 - so eindeutig, wie sich die Zahlen lesen, waren die Kräfteverhältnisse verteilt. Wobei dieses Mal im Gegensatz zum Hinspiel, als die Dortmunder durch eigene Nachlässigkeiten mit 0:3 in Rückstand gerieten, der BVB von der ersten bis zur letzten Minute mit frappierender Dominanz agierte. Ein Umstand, an dem auch die kurzzeitige Führung der Gäste nichts änderte.

"Spektakuläre Tore, schön herausgespielt"

Es ist weiterhin auffallend, mit welch bestechender Frühform der BVB agiert. Dieser Tatendrang, der sich in purer Spielfreude manifestiert, ist mitreißend. 64 200 Besucher im Stadion bekamen beste Unterhaltung geboten. "Wir wollen immer Angriffsfußball spielen und unsere Zuschauer begeistern", sagt Trainer Thomas Tuchel, dem man den Spaß selbst ansah: "Spektakuläre Tore, schön herausgespielt - mit dem Geist, mit dem die Mannschaft gerade spielt, bin ich sehr glücklich."

Okay, es war nur Odds BK und damit beileibe kein europäisches Schwergewicht. Dennoch ist auffallend, mit wie viel Lust und Akkuratesse die Borussia ihr Tagwerk bestreitet. Es mache "riesigen Spaß, in einer solchen Mannschaft Fußball zu spielen", sagt der 19-jährige Julian Weigl, der mit seiner ebenso unbekümmerten wie abgeklärten Art weiterhin verblüfft. Derzeit scheint jede Kombination, jeder Laufweg, jede Finte schwerelos von der Hand zu gehen. Der dreifache Torschütze Marco Reus bemerkte: "Sogar als wir später ein bisschen Luft rausgenommen haben, lief es." Tuchel registrierte erfreut, dass "bei aller Spielfreude die nötige Ernsthaftigkeit nicht verlorengeht. Es macht nun mal am meisten Spaß, wenn du es seriös zu Ende spielst."

Und wer vorne so wirbelt wie die Dortmunder, darf sich hinten schon mal eine Nachlässigkeit erlauben. "Schwamm drüber", sagte Tuchel, eine für ihn untypische Aussage. Der Perfektionist behandelt die Dinge normalerweise bis ins kleinste Detail. In diesem Punkt macht Dortmunds Trainer allerdings eine Ausnahme und verweist darauf, dass in sieben Pflichtspielen dieser Saison fünf Mal die Null stand. An den drei Gegentoren im Hinspiel nervte Tuchel am meisten, wie ausführlich sie danach thematisiert wurden. "Ich weiß nicht, ob es sich lohnt, Tage und Wochen über das Spiel zu reden, in dem man drei Tore bekommen hat. Wir müssen nicht ständig den mahnenden Zeigefinger erheben."

Dass ausgerechnet Tuchel mehr Lockerheit einfordert, ist beachtlich. Es zeugt davon, wie sehr die Dortmunder derzeit von einer Leichtigkeit getragen werden, die es ihnen ermöglicht, ihre Auftritte mit spielerischem Selbstverständnis zu bewältigen.

Nun muss sich der 41-Jährige mit der Frage beschäftigen, wie der Dortmunder Lauf konserviert werden kann. Tuchel und sein Trainerteam befinden sich in einem Spannungsfeld, in dem sie ein "ständiges Abwägen" begleitet. Die Ausführungen darüber gerieten zu einem kleinen, fachlichen Exkurs über Trainings- und Belastungssteuerung: "Du willst ständig die Sinne schärfen", sagt Tuchel, "auf der anderen Seite willst du die Mannschaft nicht unterbrechen. Wann ist weniger mehr, und wir nutzen das Momentum? Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Stillstand droht?"

Bislang haben es die Macher in Dortmund verstanden, die richtigen Reize zu setzen. Am Sonntag wartet beim Heimspiel gegen Hertha BSC Berlin die nächste Aufgabe. Bis dahin und darüber hinaus gilt für Tuchels Dortmunder: "Wir dürfen die Dinge jetzt nicht laufen lassen. Zurücklehnen? Nie!"

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