Gericht:Versammlungsverbot in Heidenau ist rechtswidrig

Bundeskanzlerin besucht Flüchtlingsunterkunft Heidenau

Die Bundeskanzlerin besuchte die Flüchtlingsunterkunft unter dem Schutz der Polizei und unter den Augen demonstrierender Bürger.

(Foto: dpa)
  • Das Demonstrationsverbot in der sächsischen Stadt Heidenau ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Dresden "offensichtlich rechtswidrig".
  • Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Eilentscheidung des Gerichts hervor.
  • Das Landratsamt Pirna wollte mit dem Versammlungsverbot nicht nur einen Aufmarsch von Rechten, sondern auch ein Willkommensfest für Flüchtlinge verhindern. Politiker hatten das massiv kritisiert.

Das vom Landratsamt Pirna erlassene Versammlungsverbot für das Wochenende in Heidenau ist "offensichtlich rechtswidrig". Das teilte das Verwaltungsgericht Dresden nach einer Eilentscheidung am Freitagmittag mit (Az. 6 L 815/15).

Den Antrag zur Aufhebung des Versammlungsverbots hatte ein Bürger gestellt, der das geplante Willkommensfest für Flüchtlinge am Freitagnachmittag besuchen wollte. Rechte hatten angekündigt, am Freitag ebenfalls auf die Straße zu gehen. Das Landratsamt Pirna hatte daraufhin alle Veranstaltungen verboten und ein Versammlungsverbot bis Montagfrüh verhängt - die Polizei sei überfordert. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es bei einem Aufeinandertreffen der verschiedenen Lager zu gewalttätigen Auseinandersetzungen komme, hieß es.

Laut Gericht ist der polizeiliche Notstand nicht ausreichend belegt worden. Zudem stütze sich die vorgenommene Gefahrenprognose lediglich auf die Ereignisse des vergangenen Wochenendes. Insofern erscheine ein vollständiges Verbot sämtlicher Versammlungen für das gesamte Wochenende als "unverhältnismäßig". Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht erhoben werden.

Kritik am Verbot

Zuvor hatte es massive Kritik an dem Verbot gegeben. "Wir dürfen Rechtsextremen nicht das Feld überlassen", hatte der Parteivorsitzende Cem Özdemir erklärt. Er werde dennoch Präsenz in Heidenau zeigen. Noch drastischer reagierte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek: "Diese Botschaft ist verheerend. Es ist ein Kniefall vor dem Mob in Heidenau."

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte: "Ich verstehe, dass man Nazis da nicht auftreten lässt." Dass sich aber auch Demokraten und friedfertige Bürger nicht dort treffen dürften, sei nicht nachvollziehbar, so Gabriel. "Es gibt keinen Grund, die beiden gleich zu behandeln. Das eine sind zum Teil Gewalttäter und Kriminelle, das andere sind Menschen mit Zivilcourage."

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