Ostwestfalen-Derby in der zweiten Liga:Harte Landung

SC Paderborn - Arminia Bielefeld

Frust nach dem Betriebsausflug in die Glitzerwelt: Paderborn verliert gegen Bielefeld und hat jetzt nach fünf Spielen nur drei Punkte gesammelt.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Der SC Paderborn verliert das vierte von fünf Spielen. Nach dem 1:2 im Derby gegen Arminia Bielefeld hat sich der Bundesliga-Absteiger im Zweitliga-Tabellenkeller festgesetzt.

Von Ulrich Hartmann

Mehr als 70 Millionen Euro für Kevin De Bruyne, 41 Millionen für Firmino, 30 Millionen für Heung-Min Son - es ist der Sommer der Rekordtransfers. Da will auch der kleine Zweitligist SC Paderborn nicht zurückstehen und realisiert den teuersten Einkauf der Vereinsgeschichte.

Auf solch irre Zahlen kommen die Ostwestfalen natürlich nicht. Für ihre Verhältnisse ist aber auch die eine Million Euro, die sie dem Vernehmen nach für den 21-jährigen österreichischen Spielgestalter Kevin Stöger an den VfB Stuttgart überweisen, eine stolze Summe.

Führungstreffer bringt nichts

Stöger, vom VfB zuletzt zwei Jahre nach Kaiserslautern verliehen, muss Paderborn aus einem kleinen Albtraum befreien. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga, dem Verlust des Trainers André Breitenreiter an Schalke 04, dem Ausverkauf des Kaders und einem Saisonstart mit nur drei Punkten aus nunmehr fünf Spielen benötigt Paderborn dringend Schimmer der Hoffnung.

Im Ostwestfalen-Derby gegen Arminia Bielefeld hätte dazu am Samstag bereits beste Gelegenheit bestanden. Mit dem neuen Innenverteidiger Hauke Wahl (vom Drittligisten Holstein Kiel) und Stöger in der zentralen Offensive ging Paderborn ins Spiel und nach 33 Minuten durch Nick Proschwitz auch tatsächlich mit 1:0 in Führung. Allerdings machten ein 30-Meter-Freistoß des Bielefelders Brian Behrendt in der 53. Minute und das 1:2 durch Michael Görlitz in der 78. Minute die Hoffnungen der Paderborner in der zweiten Halbzeit wieder zunichte.

Der 2:1-Auswärtserfolg bedeutete für Bielefeld den ersten Saisonsieg und für Paderborn die vierte Niederlage im fünften Saisonspiel. "Wir haben in der zweiten Halbzeit zu wenig getan", beklagte Torwart Lukas Kruse, auch Trainer Markus Gellhaus monierte "zu viel Passivität, die Mannschaft wirkte nach dem Ausgleich geradezu geschockt". Das ist wenige Wochen nach dem Abstieg offenbar noch immer das vorherrschende Gefühl in Paderborn.

Trainer und neun wichtige Spieler verloren

Nicht nur Trainer Breitenreiter, sondern auch neun relevante Spieler der vergangenen Bundesliga-Saison haben die Paderborner nach ihrem Abstieg verloren. Lukas Rupp (VfB Stuttgart), Elias Kachunga (FC Ingolstadt) und Mario Vrancic (Darmstadt 98) blieben in der ersten Liga. Christian Strohdiek (Fortuna Düsseldorf), Stefan Kutschke (1. FC Nürnberg) und Patrick Ziegler (1. FC Kaiserslautern) wechselten zu Zweitliga-Konkurrenten. Jens Wemmer verschlug es nach Griechenland zu Panathinaikos Athen, Alban Meha zu Konyaspor in die Türkei und Uwe Hünemeier nach Brighton in die zweite englische Liga.

Solch einen Ausverkauf muss ein Verein erst mal verdauen, weshalb Manager Michael Born auch halbwegs Verständnis aufbringt für den schwachen Saisonstart mit diesem 1:2 gegen Bielefeld und zuvor einem 0:1 gegen Bochum, einem 0:6 gegen Sandhausen sowie einem 0:1 in Kaiserslautern - unterbrochen von einem zwischenzeitlichen 2:1-Sieg in Düsseldorf. "So ein Umbau dauert", sagt Born, "aber wir haben Geduld."

Vor elf Monaten noch Spitzenreiter in der Bundesliga

Dabei ist doch auch Qualität in Paderborn verblieben, Fußballer, die unter Breitenreiter gewachsen sind und auch am Samstag gegen Bielefeld in der Startelf standen: Torwart Kruse, Linksverteidiger Florian Hartherz, der defensive Mittelfeldspieler Marvin Bakalorz, die Flügelstürmer Süleyman Koc und Moritz Stoppelkamp sowie Stürmer Mahir Saglik. Doch dieses halbe Dutzend mit Bundesliga-Erfahrung hilft dem Paderborner Spiel bislang nur begrenzt.

Die Mannschaft leidet womöglich an Wehmut, nichtverarbeitetem Frust über den Abstieg und den Verlust so vieler wichtiger Spieler. Der neue Trainer Gellhaus, neun Jahre lang Assistent des vormaligen Paderborner, Gladbacher, Augsburger und Berliner Trainers Jos Luhukay, muss die Vergangenheit vergessen machen und die neue Mannschaft in fußballerischem wie seelischem Sinne aufbauen.

Vor elf Monaten war der SC Paderborn nach vier Spieltagen als Bundesliga-Tabellenführer zum Auswärtsspiel beim FC Bayern München gefahren. Jetzt, nach fünf Spieltagen in der zweiten Liga, steht der Klub im Tabellenkeller der zweiten Liga. Der Paderborner Fußball ist heimgekehrt von seinem Betriebsausflug in die Glitzerwelt Bundesliga. Die verbliebenen Spieler müssen in der zweiten Liga ebenso erst einmal heimisch werden wie die vielen neuen Spieler in Paderborn.

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