Flüchtlingstragödie in Österreich:Ungarn nimmt mutmaßliche Schleuser in U-Haft

  • Ein ungarisches Gericht nimmt vier mutmaßliche Schleuser in U-Haft.
  • Die Männer stehen im Verdacht, für den Tod von 71 Flüchtlingen verantwortlich zu sein, die vergangene Woche in einem Lastwagen entdeckt wurden.
  • Die Identifizierung der Leichen gestaltet sich schwierig. Helfen könnten dabei Handys, die bei den Toten gefunden wurden.

"Außergewöhnliche Schwere des Verbrechens"

Nach der Flüchtlingstragödie in Österreich hat ein ungarisches Gericht vier mutmaßliche Schlepper in Untersuchungshaft genommen. Die vier Verdächtigen aus Bulgarien und Afghanistan blieben bis zum 29. September in U-Haft, sagte der zuständige Richter. Die Männer waren nach der Entdeckung von 71 toten Flüchtlingen in einem Lkw in Österreich am Freitag im Nachbarland Ungarn gefasst worden.

Das Gericht kam damit der Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Diese hatte auf die "außergewöhnliche Schwere des Verbrechens" verwiesen, dem die Flüchtlinge zum Opfer gefallen seien, und hatte den Männern "geschäftsmäßig" organisierten Menschenhandel vorgeworfen. Unter den Festgenommenen sind der Besitzer des Lastwagens und zwei Fahrer.

Der Kühllastwagen mit ungarischem Kennzeichen und dem Logo eines slowakischen Geflügelhändlers war am Donnerstag in einer Pannenbucht an der Autobahn 4 im Burgenland entdeckt worden. In dem Fahrzeug wurden 71 Leichen von Kindern, Frauen und Männern gefunden. Die ungarischen Ermittler gehen offenbar inzwischen davon aus, dass die Lkw-Fahrt im zentralungarischen Kecskemet ihren Anfang nahm und die Menschen bereits in Ungarn zu Tode kamen. Vermutlich sind sie erstickt.

Identifizierung der Leichen schwierig

Wie der Österreichische Rundfunk (ORF) berichtete, wurden die Leichen inzwischen vom Burgenland in die Gerichtsmedizin nach Wien gebracht, wo man eine Identifizierung versuche. Diese gestalte sich aber schwierig.

Bei der Identifizierung der Opfer könnten nach Aussage des burgenländischen Landespolizeidirektors, Hans Peter Doskozil, die auch im Lkw gefundenen Mobiltelefone hilfreich sein. "Viele Opfer haben Handys bei sich gehabt, und die werden jetzt ausgewertet", sagte er dem ORF.

Mobiltelefone sind für viele Asylsuchende eine Hilfe, Routen zur Flucht zu recherchieren oder mit Angehörigen in Kontakt zu bleiben. In diesem Fall sind sie wohl die größte Chance, die Identität der Opfer zu klären, erklärte die Polizei. Bei einer Leiche wurde ein syrisches Reisedokument gefunden, deshalb gehen die österreichischen Behörden davon aus, dass es sich um syrische Flüchtlinge handelt.

Drei dehydrierte Kinder aus Lastwagen gerettet

In Österreich ist einem Medienbericht zufolge ein Schlepper-Lkw mit 26 Flüchtlingen im Laderaum gestoppt worden. Drei Kleinkinder befänden sich in einem kritischen Zustand, meldete die Nachrichtenagentur APA am Samstag unter Berufung auf die Polizei. Die Kinder seien in dem heißen und stickigen Laster dehydriert. Laut Medizinern hätten sie nicht mehr lange überlebt.

Der Lastwagen sei bereits am Freitag in der Kleinstadt St. Peter am Hart bei Braunau nahe der deutschen Grenze angehalten worden. Der Fahrer, ein 29-jähriger Rumäne, hatte zuvor noch versucht, den Beamten zu entkommen und aufs Gas gedrückt, wie der ORF berichtet. Er wurde festgenommen. Die Kinder und ihre Eltern wurden in ein Krankenhaus in Braunau eingeliefert.

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