Zum dritten Mal vor Gericht:Außer Rand und Band

Unter Alkoholeinfluss rastet ein 33-Jähriger immer wieder aus. Jetzt wird er zu sechs Monaten Haft verurteilt.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Peter F. (Name geändert) muss sich zum dritten Mal in zehn Monaten vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten. Wann immer der 33-Jährige mehr trinkt als ihm gut tut, fängt er an zu beleidigen, zu spucken, zu treten. Dieses Mal lauten die Tatvorwürfe: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Bedrohung, Beleidigung, versuchte Körperverletzung.

Nachdem Amtsrichter Tobias Bauer den Mann zuletzt noch mit einer saftigen Geldstrafe bedacht hatte, verurteilt er ihn nun zu sechs Monaten Gefängnis. "Man könnte keinem unbefangenen Zuschauer weismachen, weshalb sie wieder nur eine Geldstrafe bekommen sollten", sagt Bauer, mit seiner Geduld ganz offensichtlich am Ende. "Solange sie ihr Alkoholproblem nicht angehen, werden sie immer wieder hier vor Gericht aufschlagen."

Großes Messer in der Hand

Der Alkohol ist auch Anfang März wieder der Katalysator für die Aggressivität, die dem Angeklagten offenbar innewohnt. Zwei Polizisten berichten minutiös von dem Vorfall. Ihren Schilderungen zufolge erreicht sie - wie so oft - ein Notruf aus dem Haus, in dem der Angeklagte lebt. Am anderen Ende der Leitung sind dessen Nachbarn, zwei ebenfalls einschlägig bekannte Straftäter. Sie sagen, Peter F. fuchtele im Hausgang mit einem 20 Zentimeter langen Messer um sich und bedrohe sie. Als die Polizisten mit Schutzwesten bekleidet an dem Haus ankommen, öffnet Peter F. zunächst die Tür. Er ist augenscheinlich betrunken. Die Polizisten, acht an der Zahl, fordern den Mann auf, das Gebäude zu verlassen und die Hände zu zeigen. Der 33-Jährige aber will die Tür schließen, woran er durch den beherzten Sprung eines Polizisten gehindert wird. Mit großer Mühe fixieren die Beamten den Mann am Boden und fesseln ihn. Der 33-Jährige tritt weiter um sich, er spuckt und verteilt wüste Beleidigungen.

In diesem Stil geht das Spiel auch auf dem Dachauer Polizeirevier weiter, auf dem sich der 33-Jährige inzwischen befindet. Von dort transportieren die entnervten Beamten den Mann zum Ausnüchtern ins Dachauer Krankenhaus. Dort geht das Theater weiter, schließlich wird Peter F. im Keller des Dachauer Polizeireviers in eine Zelle gesteckt. Er beleidigt und spuckt noch eine Weile weiter.

"Hochgradig peinlich"

"Sie haben sich über längere Zeit unerträglich aufgeführt. Ihr Verhalten war hochgradig peinlich", sagt Amtsrichter Bauer dem Angeklagten, der sämtliche Tatvorwürfe einräumt. Dem Richter muss die Verhandlung wie ein Déjà-vu vorkommen. Vor fünf Monaten erst saß er mit dem 33-Jährigen an selber Stelle und verhandelte über ein fast identisches Delikt. Auch damals hatte Peter F. getrunken und tickte aus. "Die Geldstrafe hat bei ihnen anscheinend überhaupt keine Wirkung gezeigt", lautet das ernüchternde Fazit des Richters.

Peter F. hat indessen seine Hände zwischen den Oberschenkeln zusammengefaltet und blickt immer wieder verunsichert in den Zuschauerbereich. "Mir ging es zu der Zeit sehr schlecht, weil meine Schwester gestorben war", entschuldigt er sich. Er wirkt fast wie ein Kind, das etwas angestellt hat, seine Strafe aber nicht so recht einzuordnen weiß. Durch seine zahlreichen Verurteilungen der vergangenen zehn Jahre hat sich ein Schuldenberg von 25 000 Euro aufgetürmt.

Auf einen Pflichtverteidiger, der ihm zusteht, verzichtet der 33-Jährige trotz seiner prekären Lage zum wiederholten Male. Amtsrichter Bauer rät ihm, dies sofort zu ändern und sich in Therapie zu begeben. Der Richter könnte schon bald wieder mit Peter F. zu tun bekommen: Laut einem Polizisten hat der Dachauer kürzlich seinen Nachbarn mit einem Baseball-Schläger bedroht. Es wurde Anzeige erstattet.

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