Icking:"Schlamperecken" für die Bienen

Auf Vorschlag des Biologen Georg Linsinger beschließt der Ickinger Gemeinderat, Blühstreifen auf öffentlichen Flächen zu schaffen, damit Insekten wieder mehr Lebensraum haben

Von Claudia Koestler, Icking

Monokulturen sind inzwischen vielerorts typisch für das Ortsbild, stehen aber zugleich für die Artenverarmung. Die Gemeinde Icking indes will eine Lanze brechen für mehr Biodiversität. Und mit einem speziellen Projekt ist die Isartalgemeinde auf dem besten Wege, eine Pilotgemeinde für Artenvielfalt zu werden. Denn als erste Kommune im Kreis will Icking künftig Blühflächen schaffen und andere Gemeinden zur Nachahmung inspirieren. Zugleich sollen aber auch die Bürger dazu aufgerufen werden, magere Blumenwiesen in den Gärten anzulegen und so einen wichtigen Beitrag zu leisten, Nahrung für Bienen, Schmetterlinge und andere Nutztiere bereitzustellen.

Bienen in Malvenblüten

Malvenblüten bieten Bienen, wie man hier sieht, reiche Nahrung.

(Foto: Neubauer)

In der jüngsten Gemeinderatssitzung befasste sich der Rat mit einem entsprechenden Antrag der UBI, den der promovierte Biologe Georg Linsinger erarbeitet hatte. Die Räte billigten den Vorschlag und kamen überein, dass der Finanz- und Planungsausschuss in seiner Herbstsitzung über den Geldbetrag berät, mit dem die Gemeinde ihren Bürgern Blumensaatgut zur Verfügung stellen wird. Linsinger selbst setzt derzeit dafür zwischen 2000 und 5000 Euro an.

grünes buntes Icking

Georg Linsinger hat eine Fläche in seinem Garten, auf der er der Natur einfach ihren Lauf lässt.

(Foto: Manfred Neubauer)

"Ich kann mich noch erinnern, dass man als Kind dauernd auf Bienen traf, vor allem, wenn man barfuß über eine Wiese lief", sagt Linsinger. Doch inzwischen sei ihm aufgefallen, dass er immer weniger Bienen sehe, deshalb begann er zu recherchieren. Dabei kam er zu dem Schluss, dass sein subjektiver Eindruck tatsächlich belegbar ist: Zahlreiche Populationen seien existenziell bedroht, vor allem stehe über die Hälfte der einheimischen Wildbienenarten auf der Roten Liste oder sei bereits ausgestorben. Durch die intensivierte Landwirtschaft hätten sich die Lebensbedingungen der Blüten bestäubenden Insekten dramatisch verschlechtert, erläutert der Biologe. Deshalb sei die Gemeinde, aber auch jeder Einzelne in der Verantwortung: "Inzwischen gibt es immer mehr Mähroboter. So praktisch die sind, da wächst kaum mehr etwas hoch, geschweige denn, dass etwas blühen könnte", weiß Linsinger. Auf einen gepflegten Rasen müsse dennoch keiner verzichten. "Aber vielleicht künftig nur in einem Teil der Fläche", schlägt er vor. Er selbst hat in seinem Garten ein "Schlampereck" eingerichtet, wo grünen und blühen darf, was will.

Die Gemeinde hingegen könnte solche Blühflächen auf eigenen Arealen umsetzen, etwa gegenüber dem Bauhof, am Kreisverkehr oder an der ökologischen Ausgleichsfläche nahe Spatzenloh. "In den kommenden Jahren wird, wenn Glasfaser verlegt werden sollte, der Boden neben den Straßen aufgegraben. Dieser muss daraufhin wieder angesät werden. Auch bei der Gelegenheit sollte Saatgut für Blühstreifen zum Einsatz kommen", nennt er ein weiteres Beispiel. Dabei sei aber darauf zu achten, hochwertiges Saatgut zur Verfügung zu haben, das keine schädlichen Gewächse einschleuse. Geeignet seien beispielsweise Mischungen aus Wildarten wie etwa Malven, Borretsch, Kornblumen, Färberkamille, Natternkopf, Flockenblume, Hornklee, Margeriten und Wiesensalbei. In einigen konventionellen Saatgutmischungen für Straßenbegleitgrün aber ist beispielsweise das giftige Kreuzkraut enthalten. "Das in Icking aus versehen mit auszusäen muss unbedingt vermieden werden", betont Linsinger.

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