Kabel Deutschland:Schluss mit dem Spiegelei

Vodafone Said To Raise Kabel Deutschland Bid

Vodafone: Das Logo von Kabel Deutschland wird von Mitarbeitern des Unternehmens "Spiegelei" genannt.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)
  • Die Fusion von Kabel Deutschland und Vodafone läuft gut. Nun verschwindet das Logo von Kabel Deutschland.
  • Das Zusammenwachsen dürfte auch deshalb klappen, weil keine Stellen gestrichen werden.
  • Vodafone hatte vor eineinhalb Jahren die Mehrheit an Kabel Deutschland für fast elf Milliarden Euro gekauft.

Analyse von Varinia Bernau

Nun ist es also vorbei. Vor dem flachen Bürogebäude in Unterföhring, dort, wo Manuel Cubero, 52, sitzt, wehen bereits die roten Fahnen. Zum Gespräch legt er eine Visitenkarte auf den Tisch. Auch darauf: das rote Anführungszeichen. Jenes Symbol also, das für den britischen Mobilfunkanbieter Vodafone steht, und nicht mehr das Zeichen von Kabel Deutschland, unter dem seine Karriere seit mehr als zehn Jahren stand.

Von diesem Mittwoch an gilt für etwa 140 Läden in Deutschland dasselbe wie für Cuberos Büro. Und für alle 3000 Mitarbeiter dasselbe wie für den gebürtigen Spanier, der 2004 bei einer Investorengruppe anheuerte, um unter dem sperrigen Namen Kabel Deutschland mit den von der Telekom abgetretenen Fernsehkabeln ein Geschäft zu machen.

Das Spiegelei, wie sie das Logo bei Kabel Deutschland nannten, stand immerhin bei fast neun Millionen deutschen Haushalten in 13 Bundesländern für Fernsehen, Telefon und schnelles Internet aus der Kabeldose. Das war der Grund, warum Vodafone sich vor eineinhalb Jahren für fast elf Milliarden Euro die Mehrheit an dem Unternehmen sicherte. Seit der Übernahme sind es sogar ein paar Kunden mehr geworden. Das wiederum ist der Grund, warum Cubero an diesem Sommernachmittag ziemlich entspannt in seinem mit Eiswürfeln aufgefüllten Kaffee rührt. Am Bildschirm gegenüber ist Anna Dimitrova zugeschaltet. Die gebürtige Bulgarin ist im vergangenen Dezember in den Vorstand der deutschen Vodafone-Gesellschaft gerückt. Sie ist dort für strategische Fragen zuständig - und damit auch für das Zusammenwachsen von Vodafone und Kabel Deutschland. Die Art, wie sich beide miteinander austauschen, illustriert die Logik des Zusammenschlusses: Den Menschen ist es egal, über welche Technologie sie mit ihren Freunden chatten oder telefonieren, abends Filme streamen oder sich tagsüber mit Kollegen in der Videokonferenz austauschen. Sie wollen, dass das Ganze reibungslos läuft.

Lange fehlte Vodafone dazu in Deutschland ein weitreichendes Festnetz, und Kabel Deutschland fehlte das Mobilfunknetz. Bislang stand deshalb auch jede Marke für sich: entweder für einen Mobilfunk- oder eben einen Festnetzanschluss. Die Überzeugungsarbeit, dass man nun beides im Angebot hat, leistete das Gemeinschaftsunternehmen schrittweise: Im Mai vergangenen Jahres gab es die ersten Flyer, auf denen noch jeder für sich warb, aber immerhin schon mit ein paar Farbklecksen des anderen. Seit diesem Frühjahr dominiert auf Flyern und in Fernsehspots der rote Farbton, ergänzt um den Zusatz "mit der Power von Kabel Deutschland". Und nun verschwindet das gelbe Logo von Kabel Deutschland ganz und gar. Nur im Geschäft mit der Wohnungswirtschaft, das allerdings nicht einmal ein Fünftel zum Umsatz beiträgt, tritt das Unternehmen noch unter dem alten Namen auf. An der Börse wird zumindest ein Vodafone davor gesetzt. "Zwei Marken zu pflegen, bedeutet einiges mehr an Aufwand - und Vodafone ist die stärkere Marke", sagt Cubero.

Seine Überzeugung gründet der Manager zum einen auf Kundenbefragungen; zum anderen, wie es sich für seinen Berufsstand gehört, auf Zahlen: Ausgerechnet Vodafone, der Mobilfunker, konnte im abgelaufenen Jahr 322 000 neue Kunden für schnelle Internetanschlüsse vermelden - mehr als der ewige Rivale, die Deutsche Telekom. Auch den Umsatz konnte das Unternehmen so steigern. Das ist keine Selbstverständlichkeit auf diesem hart umkämpften Terrain.

Die Fusion lief auch deshalb leichter, weil es keinen Abbau von Arbeitsplätzen gab

Das Kabelnetz, das sich insgesamt auf 400 000 Kilometer erstreckt, rechnet sich für Vodafone aber auch noch aus zwei anderen Gründen: Zum einen fallen Gebühren weg, die Vodafone bislang an die Telekom zahlte, um zumindest Abschnitte des fremden Netzes zu nutzen. Zum anderen helfen die Kabel, um die immer größeren Datenmengen von den Funkmasten abzutransportieren. Schon jetzt, sagt Dimitrova, verdopple sich die Menge der durchs Mobilfunknetz geschleusten Daten von Jahr zu Jahr.

Und doch ist solch eine Fusion kein Selbstläufer: Es sind ja nicht nur Briefpapier und Visitenkarten, auf denen das Anführungszeichen nun das Spiegelei ersetzt. Es sind nicht nur die Läden, die einen neuen Anstrich erhalten. "Es gibt da noch etwas, was man nicht in Euro beziffern kann und was auch in keine Excel-Tabelle passt: Das ist das Zusammenwachsen der beiden Teams", sagt Dimitrova. Sie habe, seit sie von der tschechischen Tochter, wo sie zuletzt für die Finanzen zuständig war, zurück nach Düsseldorf gekehrt sei, viel seltener "wir von Vodafone" oder "die von Kabel Deutschland" gehört. "Die Leute sind sich näher gekommen."

Dass das so reibungslos geklappt hat, dürfte auch daran liegen, dass beide Unternehmen unterschiedliche Stärken hatten. Anders als die beiden Mobilfunkanbieter Telefónica Deutschland und E-Plus, die sich ebenfalls zusammengetan haben - und nun jede fünfte Stelle streichen. Bei Kabel Deutschland gab es keinen Personalabbau und damit auch weniger Anlass für die Ängste, Abwehrreflexe und Minderwertigkeitsgefühle, die sich nach einer Übernahme sonst häufig in Unternehmen breit machen. "Wir haben sehr schnell erkannt, dass die Kabel-Deutschland-Kollegen richtige Festnetzexperten sind, und wir haben das DSL-Geschäft deshalb vor allem in die Hände der dortigen Kollegen gegeben", betont Dimitrova.

Und Cubero, ebenfalls im Vorstand von Vodafone Deutschland und dort zuständig fürs Festnetz, ergänzt: Die einen würden nun sehen, dass das Geschäft mit den Kabelanschlüssen besser läuft als zuvor, weil diese auch in den Vodafone-Shops verkauft werden; die anderen wiederum würden sehen, dass das DSL-Geschäft nicht mehr schrumpft, sondern wieder steigt. "Das ist enorm wichtig", sagt Cubero. "Wir spüren gegenseitigen Respekt für die Arbeit und das Know-how, das beide Parteien mitbringen. Und das ist eine gute Basis, um zusammenzuwachsen."

Vermutlich sogar eine bessere Basis als dieses Spiegelei, das sich Kabel Deutschland damals, Anfang 2004, gab, als die Firma das Kabelnetz der Telekom kaufte.

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