50 000 neue Sozialwohnungen:Freistaat soll Sozialwohnungen bauen

Der Gemeindetag fordert angesichts des dramatischen Mangels an bezahlbarem Wohnraum mehr staatliches Engagement

Von Christian Sebald

Angesichts des dramatischen Mangels an preisgünstigen Mietwohnungen fordern die Landgemeinden den Freistaat auf, sich selbst im Wohnungsbau zu engagieren. "Wir brauchen in Bayern so schnell wie möglich 50 000 neue Sozialwohnungen", sagt der Abensberger Bürgermeister und Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU). "Die Aufstockung von Förderprogrammen und neue steuerliche Anreize reichen nicht mehr aus. Der Freistaat muss sich direkt engagieren und selbst Wohnungen bauen." Sonst könnten die Kommunen weder all die finanzschwachen Familien, Alleinerziehenden und Senioren, die ein Anrecht auf Sozialwohnungen haben, noch die Asylbewerber, die in Bayern bleiben werden, angemessen versorgen.

Tatsächlich herrscht ein dramatischer Mangel an Sozialwohnungen im Freistaat. Nach einer Schätzung des Verbandes der Wohnungswirtschaft (VdW), dem hauptsächlich Wohnungsgenossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen angehören, fehlen aktuell 35 000 Sozialwohnungen. Darin sind nicht die Wohnungen für die Flüchtlinge eingerechnet, die in Bayern bleiben werden. Bei den derzeitigen Ankunftszahlen sind alleine für sie weitere 16 000 Wohnungen nötig. Die Rechnung geht so: Laut Experten haben 40 Prozent der 800 000 Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland kommen werden, Anspruch auf Asyl. Von diesen 320 000 anerkannten Asylbewerbern werden etwa 15 Prozent oder 48 000 in Bayern bleiben. Bei einer durchschnittlichen Familiengröße von drei Personen sind für sie 16 000 Sozialwohnungen nötig. Das ist es aber nicht alleine. Es werden nicht nur viel zu wenige neue Sozialwohnungen errichtet. Jedes Jahr gehen mehrere tausend Sozialwohnungen verloren. Seit 1999 hat sich deshalb ihre Zahl von 250 000 auf 130 000 beinahe halbiert.

Aus diesem Grund sind auch alle bisherigen Bemühungen der Staatsregierung um den sozialen Wohnungsbau ein Tropfen auf dem heißen Stein. Erst im August kündigte Innen- und Wohnungsbauminister Joachim Herrmann (CSU) an, die Förderung von 485 Millionen Euro in den Jahren 2015 und 2016 auf 635 Millionen zu erhöhen. Von dem Plus von 150 Millionen Euro kann man nach Schätzung von Experten aber allenfalls tausend Wohnungen bauen. Allein für die 16 000 Wohnungen für die Flüchtlinge in diesem Jahr wäre ein Förderprogramm von bis zu 2,4 Milliarden Euro nötig. Wegen des ungeheuren Finanzbedarfs fordert VdW-Direktor Xaver Kroner jenseits der bisherigen Förderung ein Sonderinvestitionsprogramm von Bund und Ländern für die angespanntesten Mietmärkte. "Verteilt auf fünf Jahre sollten sie zusätzlich drei Milliarden Euro für bezahlbare Wohnungen aufbringen", sagt er.

Das Geld ist nicht der einzige Grund, warum Brandl verlangt, der Freistaat solle selbst Sozialwohnungen bauen. "Unsere ländlichen Gemeinden mit ihren kleinen Verwaltungen sind nämlich damit schlicht überfordert, vom Know-how und der Personalstärke her", sagt der Gemeindetagschef. "Ganz anders der Freistaat." Zudem könnte der Freistaat als Bauherr die Ausgaben für den Wohnungsbau deutlich senken. "Wenn die Bauverwaltung da fünf oder sechs Standardbauten für Mehrfamilienhäuser entwickelt und diese dann je nach Bedarf in den Gemeinden errichtet werden", sagt Brandl, "dann ist das gewiss sehr viel preisgünstiger, als wenn jede Kommune alleine mit ihrem Projekt vor sich hinwerkelt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: