US Open:Mit Tipps von Boris B.

Tennis: U.S. Open

Foto: Jerry Lai/USA Today Sports

Mal wütend, mal clever: Andrea Petkovic erreicht die dritte Runde, wie auch Mona Barthel, Sabine Lisicki und Angelique Kerber.

Von Jürgen Schmieder, New York

Es war ein wunderbares Potpourri an Emotionen, das Andrea Petkovic innerhalb von 15 Minuten präsentierte: Zunächst einmal prügelte sie ihren Schläger wütend zu Boden, dann ballte sie freudig die Faust, kurz darauf malträtierte sie wieder ihr Spielgerät. Sie verzweifelte, feuerte sich selbst an, brüllte freudig wie erbost, während einer Spielpause erklärte sie ihren Vater per wilder Gestik für bescheuert. Es lag natürlich am jeweiligen Zwischenstand, der im zweiten Durchgang 1:4, 3:5 und 6:5 lautete. Nach dem 6:3, 7:6 (4) gegen Jelena Wesnina (Russland) deutete sie gar den nach ihr benannten Petko-Dance an.

"Ich glaube, das war das erste Mal in meiner Karriere, dass es mir geholfen hat, meinen Schläger zu zerhacken", sagte Petkovic später. Um dieses Spektrum der Emotionen zu verstehen, sollte man wissen, dass eine Tennispartie auf ganz unterschiedliche Weisen gewonnen werden kann: spielerisch (Federer), läuferisch (Kohlschreiber), prügelnd (Serena Williams). Es ist aber auch möglich, sich so zu verhalten, wie es Petkovic an diesem Donnerstagmittag im ersten Satz gegen Wesnina getan hat: Sie spielte geduldig die Bälle zurück und lud ihre Kontrahentin damit zu leichten Fehlern ein. Das funktionierte im ersten Satz gar wunderbar, weil Wesnina den Ball 17 Mal ohne Bedrängnis ins Netz oder Aus spielte. Man kann der Gegnerin ja auch einfach Mal die Gelegenheit geben, Fehler zu machen.

Im zweiten Durchgang funktionierte die Taktik zunächst nicht mehr, weil die Russin plötzlich auf Fehler verzichtete, Petkovic dagegen groteske Fehler einstreute. Es folgten bei drückender Hitze Wutausbrüche, ein zertrümmerter Schläger und ein schönes Comeback. Petkovic hat gelernt, Emotionen während einer Partie nicht nur zuzulassen, sondern für ihre Zwecke zu kanalisieren - fast so wie John McEnroe in seinen besten Zeiten.

Die deutschen Frauen trotzen der drückenden Hitze

Auslöser dafür war Boris Becker, der Andrea Petkovic während der French Open beobachtet und dann seine Hilfe angeboten hatte. "Er ist ein Schatten im Hintergrund, den ich immer anhauen kann, wenn ich Hilfe brauche", sagte sie über Becker, der den väterlichen Freund gibt. "Es waren drei, vier Sachen, die mir die Augen geöffnet und eine neue Perspektive gegeben haben", fügte Petkovic hinzu. "Vielleicht hatten andere mir schon mal das Gleiche gesagt, aber es ist eben etwas anderes, wenn es Boris zu dir sagt."

Es hilft. Petkovic kam zurück und behielt im Tie-Break die Nerven. Sie steht in Runde drei, wie Mona Barthel (2:6, 6:2, 6:4 gegen Olga Gowortsowa), Angelique Kerber (7:5, 6:2 gegen Karin Knapp) und Sabine Lisicki (6:4, 6:0 gegen Camilla Giorgi). "Ich will wieder konstant die zweite Woche bei Grand Slams erreichen", sagte Petkovic, die am Samstag auf Johanna Konta trifft, die dreieinhalb Stunden ackerte, um die Wimbledon-Finalistin Garbiñe Muguruza zu bezwingen.

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