Flüchtlinge:Vier Züge fahren in der Nacht in München ein

Refugees in Austria

Erleichterung und Erschöpfung: Von Salzburg aus startet am späten Samstagabend ein Zug mit Flüchtlingen Richtung München.

(Foto: dpa)
  • In der Nacht erreichen noch einmal vier Züge mit Flüchtlingen München. Die etwa 2000 Menschen waren aus Ungarn über Österreich nach Deutschland eingereist.
  • Von München aus geht es für viele weiter: Noch in der Nacht sollten Züge nach Dortmund und Braunschweig fahren.
  • Am Dortmunder Hauptbahnhof marschieren am frühen Sonntagmorgen etwa 30 Mitglieder der Partei "Die Rechte" auf. Gegendemonstranten und Polizei schaffen es, dass sich die Demonstration gegen den erwarteten Flüchtlingszug nach etwa einer Stunde auflöst.
  • Lesen Sie hier alles zu den Ereignissen des Samstags.

Vier Züge mit Flüchtlingen erreichen in der Nacht München

In der Nacht auf Sonntag sind weitere Züge mit Flüchtlingen aus Ungarn in Bayern angekommen. Im Münchner Hauptbahnhof fuhren zwischen 1.30 und zwei Uhr binnen weniger Minuten gleich drei Züge ein - laut Bundespolizei mit insgesamt etwa 2000 Menschen. Nach Informationen von Helfern kam um vier Uhr noch ein weiterer Zug mit 900 bis 1000 Menschen in München an.

Ein Teil der Asylsuchenden bleibt nicht in München, sondern musste gleich umsteigen - in Busse oder Züge. Ein Sonderzug mit bis zu 1000 Flüchtlingen fuhr noch in der Nacht nach Dortmund weiter, ein anderer mit bis zu 700 Menschen nach Braunschweig. In Berlin werden am Sonntagvormittag etwa 350 Flüchtlinge erwartet.

Und auch München stellt sich auf weitere Züge mit Flüchtlingen ein: Bis zum späten Vormittag rechne man mit drei Zügen aus Salzburg, erklärte eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern am Sonntagmorgen. Darin könnten bis zu 1200 Menschen sitzen. Ein Hauptziel sei es nun, die langfristige Unterbringung der Flüchtlinge zu organisieren. Man befinde sich "in enger Abstimmung" mit den anderen Bundesländern, um die Menschen nach dem Königsteiner Schlüssel aufzuteilen und gegebenenfalls Züge von München direkt an andere Zielorte weiterzuleiten. (Lesen Sie hier, wie die Flüchtlinge auf die Bundesländer verteilt werden.)

Rechte organisieren Demo am Dortmunder Hauptbahnhof

Während die Menschen in München den ganzen Samstag über freundlich begrüßt wurden, protestierten in Dortmund in der Nacht Rechtsextreme am Hauptbahnhof. Ein Polizeisprecher sagte der SZ, etwa 30 Mann seien gegen 1.40 Uhr gegenüber des Bahnhofs aufmarschiert und hätten gegen den erwarteten Zug mit Flüchtlingen demonstriert. Aufgrund der großen Zahl an Gegendemonstranten habe sich die Versammlung aber nach etwa einer Stunde wieder aufgelöst. Der Widerstand gegen die angemeldete rechte Demo mobilisierte sich auch über die sozialen Netzwerke: In der Nacht trendete der Hashtag #trainofhopedo auf Twitter.

In der Nacht wollten unbekannte Täter der Dortmunder Polizei zufolge in einer ehemaligen Förderschule Feuer legen. Der Gebäudekomplex soll als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden, ist aber noch nicht umgebaut. Ein offenes Feuer habe sich nicht entwickelt. Es sei bei der Rauchentwicklung geblieben, hieß es.

Die Unterstützung für die ankommenden Flüchtlinge sei auch in Dortmund groß, sagte der Polizeisprecher der SZ. Auf Fotos und Videos aus dem Hauptbahnhof ist zu sehen, dass Helfer bereits Stationen mit Getränken, Lebensmitteln und Kleiderspenden aufgebaut haben. Der Zug aus München wird der Polizei zufolge gegen neun Uhr am Sonntagmorgen in Dortmund erwartet. Für den Sonntag sei keine weitere Demonstration von rechter Seite angemeldet.

Ruhige Nacht an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich

In der Nacht zum Sonntag sind keine weiteren Flüchtlinge aus Ungarn in Österreich angekommen, sagte der stellvertretende Landespolizeidirektor des Burgenlandes, Christian Stella. Zuletzt waren gegen Mitternacht etwa 1000 Menschen im ungarischen Grenzort Hegyeshalom eingetroffen. Sie mussten von dort etwa zehn Kilometer weit über die Grenze laufen. Seit der Nacht zum Samstag seien etwa 10 000 Flüchtlinge aus Ungarn nach Österreich eingereist.

Die Österreichischen Bundesbahnen rechnen am Sonntag abermals mit Tausenden Flüchtlingen aus Ungarn. (Lesen Sie hier mehr über die Lage in Ungarn und Österreich.)

Österreichs Außenminister: Asylanträge schon im Heimatland stellen

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hat gefordert, dass Asylsuchende ihre Anträge künftig schon in ihrem Heimatland stellen können. Mit der derzeitigen Praxis betreibe die EU so etwas wie ein "Schlepper-Förderungsprogramm", sagte der ÖVP-Politiker dem Deutschlandfunk.

Zudem führe dies dazu, dass die, die nach Europa weiterzögen, meistens "nicht die Ärmsten der Armen" wären. Sie hätten schließlich Tausende Dollar oder Euro an Schlepper bezahlt. Zudem seien es zumeist junge Männer, die fit genug seien, die Reise überhaupt zu überstehen, sagte Kurz. "Die Alten, die Kranken, die Frauen, die Kinder, die Schwangeren - das sind diejenigen, die meistens in der Region zurückbleiben müssen."

Samstag: Freundlicher Empfang für Flüchtlinge in München

In der Nacht zum Samstag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der österreichische Kanzler Werner Faymann vereinbart, dass die aus Ungarn kommenden Flüchtlinge einreisen dürfen. Im Laufe des Samstags kamen dann laut Bundespolizei insgesamt 6900 Flüchtlinge in München an - in 26 Zügen. Die meisten stammen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak.

Die Menschen wurden am Hauptbahnhof von etlichen Bürgern freundlich mit Beifall begrüßt. Dutzende freiwillige Helfer versorgten die teils erschöpften Menschen, darunter viele Kinder, mit Essen und Getränken.

Mehrere Züge fuhren gleich in andere Bundesländer weiter, so nach Dortmund, Frankfurt am Main und ins thüringische Saalfeld. Baden-Württemberg wollte mit Bussen etwa 750 Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze abholen lassen. "Das ist ein starkes Zeichen eines föderalen Systems", lobte der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand.

Lesen Sie hier eine ausführliche Schilderung der Ereignisse vom Samstag:

Marx und Bedford-Strohm begrüßen Flüchtlinge

Auch die obersten Repräsentanten der beiden großen Kirchen in Deutschland zeigten gestern Nachmittag spontan ihr Gesicht: Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, schüttelten viele Hände, hießen die Flüchtlinge unter großem Applaus willkommen und dankten den zahlreichen Helfern.

In einem Spiegel-Interview hatte Marx zuvor die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Deutschland als "Schande" bezeichnet. "Mir tut das physisch weh, wenn ich Leute mit Hitlergruß und Naziparolen sehe", sagte der Kardinal. Aus Sicht der katholischen Kirche sei es entsetzlich, was hierzulande gerade passiere."Ausländerfeindlich und katholisch zu sein geht nicht zusammen." Hassparolen seien nicht akzeptabel. An Menschen, die bei Rechten mitmarschierten, appelliere er: "Haltet euch unbedingt fern davon", so Marx. Er hob hervor, dass viele ehrenamtliche Helfer und andere Unterstützung für Flüchtlinge aus der Kirche kämen.

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