Ebersberg:Pause bei der Pleite

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Aktuell sinkt die Zahl der Insolvenzverfahren, doch der Trend wird nicht ewig anhalten

Von Jessica Morof, Ebersberg

Wenn das Geld knapp wird und das Einkommen nicht mehr reicht, um die Schulden zu begleichen, bleibt vielen Menschen nur ein Ausweg: der Insolvenzantrag. Glücklicherweise ist die Zahl derer, die von diesem Problem betroffen sind, aktuell rückläufig. "Seit Oktober 2014 suchen weniger Menschen bei uns Unterstützung", sagt Günther Reiser von der Schuldnerberatungsstelle in Ebersberg. Dieses Angebot der Diakonie Rosenheim gibt es seit 2010.

Einen aktuellen Abwärtstrend der Insolvenzzahlen bestätigt auch das Statistische Landesamt Bayern: Im Landkreis Ebersberg wurden demnach im ersten Halbjahr 2015 6,5 Prozent weniger Insolvenzanträge gestellt als noch im Jahr zuvor. Insgesamt 58 Insolvenzverfahren hält das Statistische Landesamt seit Januar 2015 fest; im selben Zeitraum 2014 waren es bereits 62. Damit liegt der Landkreis im bayernweiten Trend, denn auch für den gesamten Freistaat meldet das Landesamt um 8,2 Prozent sinkende Verfahrenszahlen. Insgesamt 7166 Insolvenzanträge wurden in der ersten Hälfte dieses Jahres gezählt; 1437 davon hatten Unternehmen gestellt, 4067 reichten Verbraucher ein. Damit sind bayernweit vor allem die rückläufigen Verbraucherinsolvenzen für den Abwärtstrend verantwortlich. Dies spiegelt sich im Ebersberger Landkreis allerdings nicht wider: Mit 34 statt 30 Verbraucherinsolvenzen haben diese hier in der ersten Jahreshälfte zugenommen; gleichzeitig fiel die Zahl der Unternehmensinsolvenzen von 14 auf zehn.

In Bayern zeigt sich bei den Insolvenzen bereits seit mehreren Jahren ein gewisser Abwärtstrend. Etwa seit 2011 ist die jährliche Zahl der Verfahren etwas rückläufig. Dieser Entwicklung widersetzt sich auch der Landkreis nicht ganz, zwischen 2011 und 2013 fiel auch hier der Jahreswert ein wenig ab: von 125 auf 120 und dann 114 Verfahren bis man Ende 2014 wieder bei 117 Ebersberger Fällen landete.

Bayernweit sind insbesondere das verarbeitende Gewerbe, das Baugewerbe, der Groß- und Einzelhandel sowie die Branche wissenschaftlicher und technischer Dienstleistungen betroffen. Land- und Forstwirtschaft, die die Wirtschaft des Landkreises Ebersberg stark prägen, machen einen eher geringen Teil der Insolvenzzahlen aus.

Im Bereich der Privatinsolvenzen seien die Gründe vielschichtig, erklärt Reiser. Die klassischen Auslöser seien Arbeitslosigkeit und Trennung. "Ein großes Problem ist die räumliche Trennung, wegen derer plötzlich zwei Mieten bezahlt werden müssen." Manche Familien müssen noch Kredite für das Eigenheim abbezahlen, und auch der Unterhalt für Kinder wirkt sich erschwerend aus. Ebenfalls ein häufiger Grund für Insolvenzen seien Krankheiten - physische ebenso wie psychische. "Depressionen und Burnout sind oftmals die Ursache für Privatinsolvenzen", sagt Reiser. In einigen Fällen spielten mehrere Faktoren zusammen; in anderen würden die Probleme klein beginnen, sagt der Berater: Zuerst nehmen die Menschen Kredite auf und belasten sie bis zum Limit. Sobald das Einkommen sinkt oder gar wegfällt, entsteht ein Dominoeffekt. In manchen Fällen reicht schon eine nicht bezahlte Handyrechnung, auf die ein Schufa-Eintrag folgt, woraufhin die Banken Kredite kündigen. "Dann ist die Lawine nicht mehr aufzuhalten", betont Reiser.

Weshalb es im Moment weniger Insolvenzverfahren im Landkreis gibt, kann Reiser nicht mit Sicherheit sagen. Der Fachmann vermutet jedoch, dass es an der aktuell positiven Konjunktur und dem stabilen Arbeitsmarkt liegt. Doch auf Dauer wird sich dieser Trend wohl kaum halten, das zeigt auch der Blick auf die Langzeitstatistik des Landesamts: Sowohl in Bayern als auch im Landkreis Ebersberg nahmen die Insolvenzfälle in den Jahren vor 2011 über einen längeren Zeitraum hinweg zu. Ein stetiges Auf und Ab, so die Einschätzung Reisers: "Ich habe den Eindruck, dass die Anfragen jetzt schon wieder vermehrt kommen."

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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