İlkay Gündoğan im DFB-Team:Viel zu gut für die Bank

04 09 2015 Fussball EM Qualifikation 2015 Deutschland Polen 3 1 Ilkay Guendogan Deutschland; Ilkay Gündogan

Starke halbe Stunde: İlkay Gündoğan gegen Polen

(Foto: imago/Team 2)
  • Vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Schottland steht DFB-Trainer Joachim Löw vor einem Luxusproblem: Wer spielt im Zentrum?
  • Toni Kroos ist bei Real Madrid ein Fixpunkt in der Platzmitte - doch auch İlkay Gündoğan hat zuletzt gezeigt, dass er wieder in Form ist.
  • Hier geht es zur Tabelle der deutschen Qualifikationsgruppe.

Von Thomas Hummel, Glasgow

Für Schlagzeilen in britischen Medien ist ein griffiger Name nicht abträglich. Ein Name, mit dem sich im Englischen schöne Wortspielchen konstruieren lassen. Wie zum Beispiel mit "Toni Kroos". Am Sonntag sahen die Leser in Glasgow seitengroße Bilder des Nationalspielers in den Zeitungen und daneben Sätze wie: "We're in Kroos Control". Oder "Kroos Missile". Der Hang zum Militärischen will nicht aussterben.

Für derart martialische Überschriften reichten ein paar Sätze des 25-Jährigen, die bei genauerem Hinsehen eher harmlos waren. Er erklärte überraschend, dass die deutschen Fußballer nach den Polen nun auch die Schotten besiegen wollten. Sowie: "Es mag ein wenig ungemütlich werden in Schottland, aber wir sind gewarnt und bereit."

Mit ungemütlich meinte er wohl die erwartete Atmosphäre im Hampden Park. Eher weniger die gegnerischen Fußballer, die gerade 0:1 in Georgien verloren hatten und gegen den Weltmeister fast schon um die letzte Chance auf ein EM-Ticket spielen. Jedenfalls reichten diese Worte aus, um den sogenannten Bravehearts die Knie zittern zu lassen.

Donnerhallender Ruf

Toni Kroos genießt in Großbritannien einen donnerhallenden Ruf. Bevor er von München nach Madrid wechselte, soll er bei einigen englischen Großklubs auf der Wunschliste gestanden haben. Sein kühles, strategisches Spiel beeindruckt die Briten seit jeher. An einem guten Tag kann er mit seiner Technik, seinem Passspiel und seiner Übersicht eine Partie fast allein dominieren. Gerade wenn es gegen nominell schwächere Mannschaften geht wie die Schotten. Oder wird Toni Kroos am Montagabend gar nicht spielen?

Nicht nur aus Sicht der Schotten klingt diese Frage derzeit absurd. Auch Bundestrainer Joachim Löw würde Kroos nicht infrage stellen. Er ist bei Real Madrid ein Fixpunkt in der Platzmitte, organisiert das königliche Spiel. Bei der Nationalmannschaft hat er nach der EM 2012 durch die ständigen Blessuren von Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira seinen Platz erhalten und wirkt inzwischen unantastbar.

Und doch ist die Frage nicht völlig aus dem Orbit gegriffen, schließlich ist das zentrale Mittelfeld in der deutschen Mannschaft weiterhin so exquisit und prominent besetzt, dass nicht für alle Platz sein kann. Schweinsteiger wirkte am Freitag in Frankfurt zwar hier und da schwerfällig, dennoch wird der Kapitän und Emotional Leader wieder von Beginn an erwartet. Christoph Kramer setzt seine Entwicklung bei Bayer Leverkusen fort und hat die Saison stark begonnen. Und İlkay Gündoğan nutzte gegen Polen eine gute halbe Stunde, um auch alle Nicht-Dortmunder daran zu erinnern, dass er wieder der alte ist. Der Gündoğan, der vor seiner mehr als einjährigen Verletzungspause das große Versprechen war im Mittelfeld der Deutschen.

Wählt Löw die WM-Lösung?

"Ich habe schon im Training gesehen, dass İlkay fast in der Verfassung ist wie vor zwei, drei Jahren", berichtete Löw. Er verfüge wieder über Dynamik, Beweglichkeit und Tempo. Nach seiner Einwechslung wirbelte Gündoğan gegen Polen aus dem Mittelfeld heraus mit Tempodribblings nach vorne, dass es ihm einige Male selbst zu schnell wurde. Ein wunderbares Zuspiel auf Mario Götze mündete in einen Pfostentreffer. "Er hat das klasse gemacht, für Entlastung und Stabilität gesorgt", lobte Löw und urteilte: "Für die Zukunft ist er ein wahnsinnig wichtiger Spieler, der in dieser Verfassung kaum zu ersetzen ist."

Setzt man so einen auf die Bank?

Das Luxusproblem im Zentrum könnte auch zur WM-Lösung führen. In Brasilien übernahm Toni Kroos die offensivere Position, dahinter werkelten zwei defensive Mittelfeldspieler. Dann müsste Mesut Özil auf rechts ausweichen, was ihm gar nicht passt, und vorne fiele eine Planstelle weg.

Kroos guckt Basketball

Mit welchem Personal auch immer, die Deutschen werden versuchen, in Glasgow ihr berühmtes "Positionsspiel" (Kroos) im Mittelfeld zu praktizieren und sich damit Stück für Stück nach vorne zu spielen. Oder zumindest im Ballbesitz zu bleiben, bis dem Gegner die Zunge bis zum Knie hängt.

Damit ihm das nicht selbst passiert, kündigte Toni Kroos am Sonntagmittag nach Ankunft in der Lobby des Glasgower Hilton Hotels an, sich erst einmal hinlegen zu wollen. Und ein bisschen Basketball zu schauen. Deutschland gegen Serbien. Dort stand der Sieger erst nach einem Treffer in letzter Sekunde fest. Eine solch knappe Entscheidung wäre "Kroos Missile" alias "Kroos Control" im Hampden Park sicher überhaupt nicht recht.

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