Erding:Die Suche wird intensiviert

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Für ihn ist Helfen in der jetzigen Situation selbstverständlich: St. Wolfgangs Bürgermeister Ulrich Gaigl. (Foto: Renate Schmidt)

Nach einer Dienstbesprechung der Bürgermeister ist allen Kommunen klar, dass sie Unterkünfte für Flüchtlinge zur Verfügung stellen müssen. "Das war ein Weckruf", sagt Hans Schreiner

Von Sebastian Fischer, Erding

Immer mehr Gemeinden im Landkreis bereiten sich auf Anweisung von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) darauf vor, in den kommenden Wochen Flüchtlinge aufzunehmen. Dabei stellt die Suche nach geeigneten Unterkünften die Bürgermeister teilweise vor Probleme. Es gebe zwar Leerstände oder Grundstücke für Containeranlagen, sagt etwa Bockhorns Bürgermeister Hans Schreiner (Freie Wähler), aber: "Das Problem ist die Zeit. Es kann passieren, dass wir erst mal nicht wissen, wohin." Dann müssten im Notfall Schulturnhallen genutzt werden.

Das Landratsamt erwartet bis Januar 2016 die Ankunft von 2000 weiteren Flüchtlingen. Allerdings könnte die Zahl angesichts der zahlreichen Asylbewerber, die täglich in München ankommen, auch nach oben korrigiert werden. Bei einer Bürgermeisterdienstbesprechung in der vergangenen Woche sei die Suche nach Lösungen ein Thema gewesen, sagt Schreiner: "Das war für viele ein Weckruf." Dass Bayerstorfer in den 26 Kommunen eine Aufnahmequote von circa 1,5 Prozent der Einwohnerzahl einführen will, hat das Landratsamt zwar noch nicht bestätigt. Es geht jedoch aus den Tagesordnungen für mehrere Gemeinderatssitzungen hervor, dass der Landrat an Gemeinden, in denen bislang wenige Flüchtlinge leben, ein entsprechendes Schreiben verschickt hat.

In Bockhorn leben derzeit 14 Flüchtlinge, nach der Quote müsste die Gemeinde 56 aufnehmen. Für die Suche nach geeignetem Wohnraum ist das Landratsamt unter Mithilfe der Gemeinden zuständig. Finden sich geeignete Immobilien im Besitz der Gemeinde, sind die Objekte oft noch renovierungsbedürftig. Problematisch sind fehlende Zentralheizungen oder Elektroinstallationen. Auch die Brandschutzbestimmungen sind bei manchen potenziellen Unterkünften eine Hürde, noch: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bereits mehr Flexibilität vorgeschlagen. Im Landkreis gelten dementsprechend etwa Bauten mit Holzdecken als ungeeignet. Fatal ist ein Beispiel aus Wörth: Dort stehen seit Juni scheinbar bezugsfertige Container für 30 Menschen leer, weil die beauftragte Firma Brandschutzbestimmungen vernachlässigte. Die Arbeiten zur Behebung der Baumängel sollen jetzt beginnen.

In Wörth leben derzeit 25 Flüchtlinge, 67 würden eine Quote von 1,5 Prozent vorgeben. Nach Angaben der zuständigen Sachbearbeiterin Maria Gaigl prüft das Landratsamt bereits Vorschläge für weitere Grundstücke. Auch im benachbarten Walpertskirchen stellt sich Bürgermeister Franz Hörmann (CSU) darauf ein, weitere Flüchtlinge zu beherbergen. Wie viele seiner Kollegen spricht er vermehrt und mithilfe des Gemeindeblatts die Besitzer leer stehender Wohnungen an. Er überlege parallel, ob sich geeignete Grundstücke im Besitz der Gemeinde befänden, sagt er: "Wir werten den gesamten Grundbesitz aus."

Nach Finsing, wo bislang noch keine Asylbewerber leben, sollen demnächst 66 Flüchtlinge kommen. Ein paar Bürger haben sich laut Bürgermeister Max Kressirer (Wählergruppe Eicherloh-Finsingermoos) schon gemeldet, allerdings sei aufgrund von wenig Leerstand auch die Unterbringung in Containern nicht ausgeschlossen.

Unabhängig von der teils beschwerlichen Suche nach Wohnraum, ist die Solidarität der Menschen groß. Maria Brand von der Erdinger Aktionsgruppe Asyl (AGA) sagt, sie bekomme täglich zahlreiche Zuschriften. "Die Menschen verstehen die Not. Hilfsbereitschaft gibt es gerade überall." Bei den Bürgermeistern im Landkreis Erding ist zwar auch vereinzelt von Bedenken der Immobilienbesitzer wegen der Nachbarn die Rede. Doch größtenteils von großer Solidarität: So erzählt Ullrich Gaigl (Freie Wähler), Bürgermeister in Sankt Wolfgang, die Geschichte von einem Ehepaar, das die Einliegerwohnung seines Einfamilienhauses an eine Flüchtlingsfamilie vermiete. Der Sohn komme zum Dolmetschen vorbei, man esse gemeinsam. "Das kann man sich doch nicht schöner wünschen", sagt er.

Auch Gaigl hat in der vergangenen Woche einen dringenden Aufruf an die Bürger in Sankt Wolfgang gerichtet. In der Gemeinde, in der gerade 14 Flüchtlinge leben, sollen bald 67 untergebracht werden, die Gemeinde sei vom Landratsamt entsprechend informiert worden. Gaigl hat sich bereits nach möglichen Unterkünften umgeschaut, die Hälfte der Menschen könne er schon jetzt unterbringen, Wohncontainer hat er vorsorglich bestellt. Er will Fahrgelegenheiten schaffen und hat dem Helferkreis einen Raum organisiert, um Sachspenden zu lagern. Für Gaigl ist die Lage "nicht dramatisch", sondern in der aktuellen Situation selbstverständlich: "Nur um Hilfe schreien, das bringt doch nichts."

© SZ vom 08.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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