Flüchtlinge:Notfallplan angekündigt

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In der Vaterstettener Gymnasiumsturnhalle entsteht wohl bald erneut eine Erstaufnahmeeinrichtung. Die reguläre Unterbringung von Asylbewerbern wird unterdessen immer schwieriger

Von Barbara Mooser, Vaterstetten

Voraussichtlich in den nächsten ein oder zwei Wochen werden erneut Flüchtlinge die Turnhalle des Gymnasiums in Vaterstetten beziehen. "Es ist nur eine Frage der Zeit", so Landrat Robert Niedergesäß (CSU) - angesichts von Tausenden Flüchtlingen, die in den vergangenen Tagen in Bayern angekommen seien. Man sei vorbereitet, habe Technisches Hilfswerk, BRK und Klinik bereits informiert. Bei der Unterkunft wird es sich aber nicht um eine langfristige Einrichtung handeln, sondern um eine vorrübergehende Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in der Münchner Bayernkaserne. Was reguläre Unterkünfte betrifft, so verhandelt der Kreis nun mit der Immobilienverwaltung des Freistaats Bayern über Grundstücke an der Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub sowie in Markt Schwaben.

Denn die Unterbringung der Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflüchtet sind und hier eine vorübergehende neue Heimat suchen, wird zunehmend schwieriger: 1500 Asylbewerber werden wohl bis zum Ende des Jahres im Landkreis leben, das wäre fast eine Vervierfachung im Vergleich zum Jahresbeginn. Er sehe durchaus noch Potenziale im Landkreis, so der Landrat, auch die Menschen zeigten eine sehr hohe Aufnahmebereitschaft: "Aber das Tempo ist es, was uns erdrückt." Eine deutliche Entlastung durch den Bund und auch durch andere europäische Länder ist für ihn daher unumgänglich.

Erneut hat sich der Landrat in einem Brief an die Bürgermeister der Städte, Märkte und Gemeinden gewandt mit der eindringlichen Bitte, Grundstücke zu melden, die für die Errichtung von Traglufthallen geeignet sind. Niedergesäß sieht dabei vor allem jene Gemeinden in der Pflicht, wo bisher noch keine oder nur sehr wenige Flüchtlinge leben. Sollte sich hier nichts ergeben und der Kreis tatsächlich gezwungen sein, gemeindeeigene Hallen als Asylbewerberunterkünfte zu beschlagnahmen, wären diese Gemeinden wohl auch die ersten, in denen das passieren würde.

Man habe sich generell bemüht, die Verantwortung für die Flüchtlinge nicht zu stark in einzelnen Gemeinden zu konzentrieren, so Niedergesäß. Daher habe man beispielsweise auch die Vorschläge, das teilweise leer stehende Sparkassengebäude am Sparkassenplatz in Ebersberg anzumieten, noch nicht mit Nachdruck verfolgt. Auch diese Möglichkeit werde man aber nun nochmals prüfen. Realisiert werden kann hingegen wahrscheinlich eine neue Unterkunft für 135 Menschen im Grafinger Gewerbegebiet. Der Grafinger Stadtrat hatte das Vorhaben mit Hinweis auf die Lärmbelastungen an der Bahn abgelehnt. Die Prüfungen seien zwar noch nicht abgeschlossen, so der Landrat: "Aber momentan sind die Zeichen eher so, dass wir das Vorhaben genehmigen müssen oder dürfen, weil es rechtskonform ist."

Möglicherweise müssen künftig auch Volksfestplätze als Standorte für Traglufthallen genutzt werden - falls sich die Lage weiter zuspitzt, auch auf die Gefahr hin, dass dann einmal ein Fest ausfallen muss. Der Vorteil der Volksfestplätze wäre, dass diese ohnehin schon voll erschlossen sind und daher keine umfangreichen Vorarbeiten mehr notwendig wären. Das Thema will Niedergesäß im September bei der nächsten Bürgermeister-Dienstbesprechung auf die Tagesordnung setzen.

Auch die Frage, ob das Landratsamt im Norden des Landkreises so etwas wie eine kleine Außenstelle einrichtet, soll dann noch einmal diskutiert werden. Aus Anzing, Poing und Markt Schwaben waren Wünsche laut geworden, einen Ansprechpartner in der Nähe zu haben, auch die Asylbewerber müssen den Weg nach Ebersberg auf sich nehmen, wenn sie mit einem Behördenvertreter sprechen wollen oder beispielsweise einen Krankenschein brauchen. Derzeit sei die Errichtung einer Stelle im Landkreisnorden aus personellen Gründen noch nicht möglich, so der Landrat, das könne sich aber ändern, wenn in den nächsten Wochen neues Personal anfange. Der Anzinger Bürgermeister Franz Finauer habe signalisiert, dass er möglicherweise einen Raum im Rathaus für diesen Zweck zur Verfügung stellten könnte.

Generell ist neben der Suche nach Unterkünften die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern für die Betreuung der Flüchtlinge zur zweiten großen Herausforderung für die Fachleute im Landratsamt geworden. "Wir brauchen dringend Personal", unterstreicht Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales und Bildung. Aktuell werden drei Sozialpädagogen für die Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen gesucht. 66 von ihnen werden schon im Landkreis betreut, weitere 50 werden wohl im Herbst dazu kommen. Alle Stellenangebote sind auf der Internetseite des Landratsamts zu finden.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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