Basketball:Nowitzkis Erbe 

Lesezeit: 3 min

Der Ausnahmespieler hat das Zepter übergeben. Nun soll die Schröder-Gang zeigen, dass Deutschland in Zukunft besser aufgestellt ist, als es das frustrierende Abschneiden bei der EM vermuten lässt.

Von Joachim Mölter, Berlin

Bevor sich die deutschen Basketball-Nationalspieler am Freitag auf den Heimweg gemacht haben, nach dem frustrierenden Aus bei der Europameisterschafts-Vorrunde in Berlin, hat der Altmeister Dirk Nowitzki, 37, seinem designierten Nachfolger Dennis Schröder, 21, noch einen Rat zukommen lassen. "Mir hat die Zeit in der Nationalmannschaft immer sehr viel gebracht", resümierte Nowitzki nach seiner siebten und mit Sicherheit letzten EM-Teilnahme für den Deutschen Basketball Bund (DBB): "Das war im Sommer immer sehr wertvoll, in Europa zu spielen, auf sehr hohem Niveau. Man kann ja drei, vier Monate nicht nur durchtrainieren."

Der seit 1999 bei den Dallas Mavericks spielende Nowitzki war bis 2008 tatsächlich Sommer für Sommer, Jahr für Jahr in der DBB-Auswahl aktiv, und er hat er sich dann auch in der nordamerikanischen Profiliga NBA Saison für Saison verbessert. Erst nach der ersehnten Olympia-Teilnahme in Peking und mit zunehmendem Alter zog Nowitzki es vor, seine NBA-Urlaubszeit anders zu verbringen. Zu den Europameisterschaften 2011 und 2015 ist er aber wieder zurückgekommen, um der Nationalmannschaft bei der Olympia-Qualifikation zu helfen; beide Male vergeblich.

Letztlich fehlte den Deutschen nur etwas Erfahrung. Die haben sie ja jetzt.

Künftig wird es die Aufgabe von Dennis Schröder sein, dem Jung-Profi von den Atlanta Hawks, die Auswahl anzuführen. Der Braunschweiger signalisierte auch grundsätzliche Bereitschaft: "Wenn ich mich fit fühle, bin ich gern dabei." Es ist ja eine Art Jugendgruppe überwiegend Gleichaltriger, die ihn erwartet. Die Schröder-Gang könnte in den kommenden Jahren die europäische Basketball-Szene durchaus aufmischen, wenn sie zusammenbleibt und eingespielt ist. Ansätze ihres Könnens hat sie jedenfalls gezeigt in der EM-Vorrunde. Um das frühe Aus zu verhindern, hat bloß etwas Erfahrung gefehlt in den Schlusssekunden der Partien gegen die Basketball-Großmächte Serbien (66:68), Italien (82:89 nach Verlängerung) und Spanien (76:77). Aber diese Erfahrung haben Schröder und Co. nun ja gemacht.

"Die Jungs müssen sich natürlich von Sommer zu Sommer weiterentwickeln, die müssen tragende Rollen in ihren Vereinen kriegen, mehr Spielzeit", fasste Nowitzki die Anforderungen an seine jungen Nebenleute zusammen: "Wenn ich mir die Italiener anschaue - alle haben im Verein tragende Rollen. Das ist halt bei uns nicht der Fall." Aber es wird langsam besser, und wenn es so weiter geht, muss man sich um die Zukunft der deutschen Basketball-Nationalmannschaft wenig Sorgen machen.

Die Liste der deutschen Talente ist länger als je zuvor

Vor allem in Schröders Jahrgang reifen die Talente heran, wie bereits in der EM-Vorrunde zu sehen war: der Berliner Spielmacher Maodo Lo, der in den USA am College spielt; der Münchner Allrounder Paul Zipser, der selbst NBA-Ambitionen hegt; der Frankfurter Center Johannes Voigtmann, der zuletzt eine erstaunliche Entwicklung gemacht hat. Dazu kommt eine Reihe Mittzwanziger mit Erfahrung auf höchstem europäischem Niveau: der künftige NBA-Center Tibor Pleiß (Utah Jazz), die Flügelspieler Robin Benzing (Saragossa) und Niels Giffey (Berlin), der Guard Karsten Tadda (Bamberg). Wenn dann noch die in diesem Sommer verletzt fehlenden Maik Zirbes (Belgrad/Center), Maxi Kleber (München), Daniel Theis, Elias Harris (beide Bamberg/alle Flügel) sowie Akeem Vargas (Berlin/Guard) zurückkehren und der eine oder andere wieder Lust auf die DBB-Auswahl bekommt, der in diesem Jahr keine hatte, dann verfügt Bundestrainer Chris Fleming plötzlich über eine Fülle von Talenten, wie sie wohl kein DBB-Coach vor ihm je hatte.

Wie gut die Jungs schon in diesem Jahr gewesen sind, wird man vermutlich erst nach dieser EM richtig einschätzen können, nach den K.o.-Runden und den Platzierungsspielen in der nordfranzösischen Stadt Lille. Wenn man am Ende schaut, wo Serbien, Spanien und Italien gelandet sind, relativiert sich das Abschneiden der DBB-Auswahl womöglich. Dirk Nowitzki nannte die Vorrunden-Gegner in Berlin jedenfalls eine "Mördergruppe"; die Gruppe B (zu der noch die Türkei gehörte sowie Island als einziger Außenseiter) war zweifellos die am stärksten besetzte bei diesem Turnier. Und so frustrierend das Ausscheiden nach drei knappen Niederlagen für die jungen Deutschen auch war - daraus können sie auch Mut schöpfen für die Zukunft.

© SZ vom 13.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: