Mitten in Bayern:Vorbild Bamberg

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Andere drücken sich, die Stadt übernimmt Verantwortung in der Flüchtlingskrise. Von Mittwoch an werden dort 1500 Flüchtlinge aus dem Balkan unterkommen

Von Olaf Przybilla

Es ist Zeit für eine Lobrede auf Bamberg, und nein, es soll nicht um die Schönheit dieser Stadt gehen. Es soll also nicht die Rede sein vom historischen Ensemble, wie es unter Bayerns Großstädten sonst nur Regensburg zu bieten hat. Auch nicht vom Blick über die Stadtsilhouette, die einen an Prag denken lässt. Und auch nicht vom Konzertsaal am Fluss, der nur sehr merkwürdige Menschen nicht selig machen dürfte. Die Lobrede bezieht sich auf einen Vorgang, der zum Vorbild taugt.

Rückblick: Es sind erst einige Wochen vergangen, seit der Freistaat nach einem zweiten Standort für ein sogenanntes Balkan-Zentrum gesucht hat. Grenznah zu Österreich sollte es sein, das war eine wesentliche Voraussetzung der Staatsregierung. Und eine, die plausibel klang. Man suchte, fand aber neben Manching keinen zweiten Ort. Der Widerstand aus den Kommunen war zu groß. Bis Bamberg einsprang. Von Mittwoch an werden dort 1500 Flüchtlinge aus dem Balkan unterkommen. Etwa 300 Kilometer von Österreichs Grenze entfernt.

Man hätte nach der Zusage aus der Welterbestadt massiven Widerspruch aus der Bevölkerung erwarten können: von rechts sowieso, aber auch von links, wo es starke Vorbehalte gegen "Abschiebelager" gibt, und aus der politischen Mitte. Vor allem von dort tut Aufruhr politisch Verantwortlichen weh. Die Argumente, die gegen Bamberg sprächen, liegen auf der Hand: Die Stadt ist nicht nur weit weg von der Grenze, es gibt auch keine Stadt in Oberfranken, in der Wohnraum so begehrt ist wie ausgerechnet in Bamberg. Und es gibt in ganz Nordbayern keine Kommune, in der es so eng werden kann wie in Bambergs Altstadt.

Es gab und gibt aber keinen nennenswerten Widerspruch in Bamberg. Besorgten Bürgern, die sich melden, werden Kümmerer an die Seite gestellt. Und ansonsten scheinen sich die Bamberger an das zu halten, was Oberbürgermeister Andreas Starke vorgibt: "Man kann nicht immer von gesamtgesellschaftlicher Verantwortung reden, und sich dann in die Büsche schlagen, wenn es drauf ankommt." Eine Haltung, die zum Vorbild taugt. Und eine, an der sich, gerade mit Blick auf München, mehr große Städte der Republik ein Beispiel nehmen könnten. Nicht nur schauen. Helfen!

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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