40 Jahre BMW 3er & Mercedes W 123:Diese Autos waren wegweisend

BMW 3er E21

Die erste Generation des BMW 3er kam 1975 auf den Markt.

(Foto: eb.andriuolo; BMW Group)

Der erste BMW 3er und der Mercedes W 123 waren Verkaufsschlager. Sie werden bis heute kopiert - vom eigenen Hersteller.

Von Florian Maier

Im Sommer und Herbst 1975 kommen der erste BMW 3er mit dem internen Werkscode E21 und der neue Mittelklasse-Mercedes W 123 auf den Markt. Es sind Neueinführungen, wie sie in der Autobranche ständig vorkommen, mit denen Hoffnungen der Hersteller verknüpft sind. Hoffnungen, einen Erfolg zu landen, der an den der Vorgänger anknüpft, ihn vielleicht sogar übertrifft. Manche erfüllen diese Erwartungen, andere nicht.

Nur selten erreicht der Verkaufserfolg jene Dimensionen, in die diese beiden Mittelklasseautos - der BMW in der unteren, der Mercedes in der oberen - vorstoßen. Der Bayer avanciert in siebeneinhalb Jahren Bauzeit zum ersten Millionenseller des aufstrebenden Münchner Autobauers. Der Schwabe bricht sogar alle Verkaufsrekorde. Fast 2,7 Millionen W 123 rollen in knapp zehn Jahren aus den Werkshallen - bis heute Mercedes-Rekord.

Kaum vergleichbar, aber doch mit Gemeinsamkeiten

Flüchtig betrachtet, haben der BMW und der Mercedes neben dem Verkaufserfolg nicht viel gemeinsam. Doch beide führen technische Lösungen und Designelemente ein, die die Autos der Marken über viele Jahre und Generationen prägen. Und zwar noch lange über das Karriereende beider Modelle hinaus.

Der erste, mindestens 13 600 Mark teure 3er ist Ausdruck eines Paradigmenwechsels des Münchner Autobauers: Er soll komfortabler und praktischer als sein Vorgänger sein, aber mindestens die Agilität und Sportlichkeit der 02er-Reihe bieten. Auch deshalb führt BMW 1977 seine berühmten Reihensechszylindermotoren in der kleinen Baureihe ein. Sechs Zylinder in der unteren Mittelklasse, das gab es bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Die Kunden greifen begeistert zu. Die seidigen Reihensechser entwickeln sich zu einem Merkmal, das bis heute auch die Nachfolger und sogar die darunter angesiedelte 1er-Baureihe auszeichnet.

Alles ist auf den Fahrer und das Fahren ausgerichtet

Ein weiteres Element, das bis heute in den Fahrzeugen des Münchner Konzerns zu finden ist, findet sich erstmals im E21-Innenraum: die dem Fahrer zugeneigte Mittelkonsole. Ein nicht zu unterschätzender ergonomischer Vorteil, der BMWs Image als Produzent dynamischer Autos, bei denen möglichst wenig vom Fahren ablenken soll, festigt. Und der sich bis heute mehr oder weniger ausgeprägt in fast allen BMW-Baureihen wiederfindet.

Mit diesem Konzept setzt der erste 3er BMW einen Kontrastpunkt zu komfortorientierten Konkurrenten wie dem Audi 80. Er schafft es, bis zu seinem Produktionsende im Jahr 1983 mehr als 1,3 Millionen Kunden von sich zu überzeugen. Damit weist der damalige Einstiegs-BMW der bis heute erfolgreichsten Baureihe des BMW-Konzerns den Weg.

Freiwillige Aufpreise, um die Wartezeit zu verkürzen

Mercedes W 123

Der Mercedes W 123 setzt neue Maßstäbe in Bezug auf Komfort.

(Foto: Andreas Riedmann / Autorevue)

Noch höhere Verkaufszahlen erreicht der Mercedes W 123. Er setzt vor allem auf Komfort. Damit das auf den ersten Blick klar wird, orientiert sich sein Design an der 1972 erschienenen S-Klasse. Das kommt bei der Kundschaft so gut an, dass Kaufinteressenten zu Beginn der Serienproduktion länger als ein Jahr auf ihren Wagen warten müssen.

Die große Nachfrage treibt Blüten, die in der heutigen Rabatt-getriebenen Marktsituation skurril anmuten: So mancher Kunde ist bereit, den Kaufpreis von mindestens 18 870 Mark um vierstellige Beträge zu überbieten, um die Wartezeit zu verkürzen. Außerdem bleibt der Vorgänger Strich-Acht parallel zum W 123 noch ein Jahr im Programm, um die große Nachfrage nach einem Mittelklasse-Mercedes - vor allem von Taxifahrern - irgendwie befriedigen zu können.

Oberklasse-Innovationen für den W 123

Die Technik unter der Karosse des Mercedes 123 entstammt sowohl seinem Vorgänger Strich-Acht als auch der höher positionierten S-Klasse. Es ist ein ähnliches Vorgehen, wie wir es noch heute von Mercedes kennen: Während zum Beispiel die Antriebs- oder Fahrwerkstechnik des Vorgängers behutsam weiterentwickelt wird, debütieren die echten Innovationen meist in der großen Oberklasse-Baureihe und finden nach und nach ihren Weg in die kleineren Klassen.

Besonders deutlich wird das damals wie heute beim Thema Sicherheit, seit jeher ein besonderer Fokus von Mercedes. Beim W 123 erhöhen eine neu entwickelte, besonders stabile Fahrgastzelle sowie großzügige Knautschzonen an Front und Heck die Unfallsicherheit. Mit der Option auf ein Antiblockiersystem und Airbags in der Baureihe halten Anfang der Achtzigerjahre Sicherheitssysteme in der Mittelklasse Einzug, die bislang Oberklasse-Automobilen vorbehalten sind.

T-Modell: Edelkombi statt Handwerkerfahrzeug

Mit der Vorstellung des "T-Modell" wird der Mercedes W 123 zum Wegbereiter der Fahrzeuggattung des Edelkombis. Bis zu diesem Zeitpunkt kommen die automobilen Lastesel vornehmlich als Handwerkerfahrzeuge zum Einsatz. Nun vollziehen sie den Wandel zum gehobenen Multifunktions-Auto für die ganze Familie. Seitdem ist das T-Modell im Portfolio der Mercedes-Mittelklassebaureihe verankert - genau wie seit den mittleren Neunzigerjahren bei der kleineren C-Klasse.

BMW 3er E21 und Mercedes W 123: So unterschiedlich sie auch sind, sind sie doch zwei der wichtigsten Modelle, die die große Ära der Mittelklasse hervorgebracht hat.

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