Oberhaching:Standardwerke für den Rucksack

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Mit Tourenvorschlägen rund um die Zugspitze ging alles im Jahr 1985 los. (Foto: Franziska Baumann, Dieter Seibert, oh)

Der Oberhachinger Bergverlag Rother brachte vor 30 Jahren seinen ersten Wanderführer heraus. Mittlerweile begeben sich Menschen fast auf der ganzen Welt mit den kleinen roten Büchern auf Tour. Bald kann man auch das Münchner Umland neu entdecken.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Wer früher eine Bergtour plante, breitete meist erst einmal die große Wanderkarte vor sich aus, nahm dann den Gebietsführer des Alpenvereins zur Hand, in dem alle Gipfel, Gipfelanstiege, Übergänge, Täler und auch Hütten vermerkt waren und stellte sich damit seine Route selbst zusammen. Das war eine sehr individuelle Planung, aber sie verlangte auch einige Kenntnis und Mühe. Insbesondere für diejenigen, die sich in dem Gebiet nicht sonderlich gut auskannten. Warum also nicht gleich komplette Touren beschreiben, mit Wegverläufen, Gipfelzielen, Höhenmetern und Gehzeiten? Den Bedarf nach solchen literarischen Steighilfen erkannte der Bergverlag Rother vor 30 Jahren und brachte 1985 seinen ersten Wanderführer heraus: "Rund um die Zugspitze".

Vor sechs Jahren zog der Verlag aus München nach Oberhaching

Die Bergspezialisten aus München, die seit sechs Jahren ihren Verlagssitz in Oberhaching haben, trafen damals offenbar den Nerv derer, die sich in ihrer Freizeit gerne mal die Wanderschuhe anziehen. 50 Touren mit Abbildungen, Höhenprofilen und Kartenausschnitten hatte das erste kleine, rote Büchlein mit dem praktischerweise wasserfesten Einband. Inzwischen ist es in der zehnten Auflage erschienen. Natürlich immer noch mit den Touren auf das Ettaler Manndl, den Kofel, Herzogstand, Jochberg und die Alpspitze. Geändert haben sich Details, wenn etwa Wege nicht mehr begehbar sind oder neue hinzugekommen sind.

Anders ist aber auch die Aufbereitung der Touren. War in den ersten Auflagen nur aus den Texten herauszulesen, ob die Tour nun für Einsteiger oder Geübte geeignet wäre, hat sich der Verlag seit geraumer Zeit die Schwierigkeitsbewertung für Skipisten auf seine Wandervorschläge übertragen: blau für leichte Touren, rot für mittlere und schwarz für schwere Wege. Symbole weisen zudem in den neueren Wanderführern darauf hin, ob der Ausgangspunkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, ob es Einkehrmöglichkeiten gibt und ob die Tour mit Kindern machbar ist.

Das Sortiment füllt mittlerweile Regale: Bettina Löneke vom Rother-Verlag sieht nicht nur den klassischen Wanderer als Zielgruppe. (Foto: Claus Schunk)

In den ersten Jahren folgten dem Zugspitz-Wanderführer vor allem Tourenvorschläge für den Alpenraum. "In den Neunzigerjahren nahm allerdings das Interesse an Wandertipps in Urlaubsgebieten zu", sagt Verlagssprecherin Bettina Löneke. Korsika, Teneriffa, Mallorca und Madeira zählen bis heute zu den Topsellern der Reihe. Betrachtet man die Liste an Wanderführern , die der Oberhachinger Verlag mittlerweile herausgibt, vermutet man leicht, dass es keinen Ort mehr gibt, an dem sich nicht irgendeiner mit einem solchen roten Büchlein auf den Weg begibt.

"Das Klientel hat sich in den vergangenen 30 Jahren schon etwas verändert", sagt Löneke, vor allem seit etwa 15 Jahren seien die Themen Wandern und Outdoor bei einer breiten Bevölkerung angekommen.

Auch im urlaub wollen die Leute nicht mehr nur am Strand liegen

"Wir haben gemerkt, dass sie vermehrt Anregungen vor der Haustür suchen, aber auch im Urlaub nicht mehr nur am Strand liegen wollen." Mehr als 300 Titel sind in der Wanderführer-Reihe inzwischen in verschiedenen Sprachen erschienen, darunter Beschreibungen für Gegenden, die man nicht unbedingt mit einem Wanderurlaub verbinden würde. Das Ruhrgebiet etwa, vielleicht auch Hawaii oder Portugal Nord.

Auch dort gibt es rund 50 Tourenvorschläge. "Wir bekommen aber auch immer wieder mal Ideen für Gebiete, die wir dann nicht aufgreifen", gibt Löneke zu. Sie erinnert sich an eine abgelegene Region in Polen, in der man vielleicht sogar ganz gut wandern kann, "nur fährt da kaum einer hin", weiß sie. Dafür wäre der Aufwand zu groß und der Ertrag zu gering. Schließlich verpflichten sich die Autoren auch immer, die Wanderführer zu aktualisieren. Mal betrifft es in einer neuen Auflage nur ein paar Telefonnummern, ein andermal aber auch ganze Routen, weil etwa ein Bergrutsch bestimmte Wege umbegehbar gemacht hat. Oft geben Leser auch Hinweise auf Veränderungen. Komplett überarbeitet wird nach den Erdbeben in Nepal der Wanderführer "Annapurna Treks".

Elf Angestellte hat der Verlag in Oberhaching

Elf Angestellte hat der Bergverlag Rother in Oberhaching, hinzu kommen etliche freie Mitarbeiter und Autoren. Inzwischen hat er sich nach seinen Umzug aus München und Ottobrunn soweit im Hachinger Tal etabliert, dass die Leute auch direkt zu ihnen kämen, wenn sie nach einem Wanderführer suchten, sagt Löneke. Einen so großen Bestand wie früher hätten sie zwar nicht mehr im Lager, doch ein paar Exemplare seien von jedem Titel vorrätig. Von kommendem Jahr an wird man sogar direkt von Oberhaching aus mit einem solchen roten Büchlein loswandern können. Dann soll der neue Titel "München und Umgebung" herauskommen.

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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