Verteilung von Asylsuchenden in Europa:"Die Zeit haben wir ganz sicher nicht"

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  • Die EU-Innenminister haben sich nicht auf einen europaweiten Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge einigen können. Eine entsprechende Entscheidung wurde auf Anfang Oktober vertagt.
  • EU-Parlamentspräsident Schulz und die EU-Kommission kritisieren den Beschluss.
  • In Ungarn gilt seit diesem Dienstag ein schärferes Gesetz gegen illegalen Grenzübertritt.

Beratungen über Flüchtlingsquote vertagt

Bei einem Krisentreffen in Brüssel haben sich die EU-Innenminister nicht auf eine verbindliche Quote für die Verteilung der Flüchtlinge einigen können, wie ihn die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Die Entscheidung wurde vertagt - auf das nächste Treffen am 8. Oktober.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierte den Beschluss: "Ich bin enttäuscht", sagte er im ZDF-"Heute Journal". "Die Zeit haben wir ganz sicher nicht."

Ähnlich äußerte sich die EU-Kommission. "Wir haben nicht die Vereinbarung erzielt, die wir haben wollten", sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten sei bereit voranzugehen, "aber nicht alle".

Die EU-Innenminister verständigten sich nur grundsätzlich auf die Verteilung von 160 000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland auf andere EU-Länder - und nicht einmal das geschah einvernehmlich. Die Einigung musste per Mehrheitsentscheidung gegen den Willen osteuropäischer Staaten erzwungen werden.

"Wir haben heute erreicht, dass wir eine politische Zustimmung zur Verteilung von 160 000 Flüchtlingen bekommen", bilanzierte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière. "Wir haben noch nicht erreicht: Die Festlegung auf die Quoten und die Verfahren im Einzelnen." Er sprach dennoch von einem "wichtigen Schritt".

Ungarn verschärft Gesetz gegen illegalen Grenzübertritt

In Ungarn gilt illegaler Grenzübertritt ab sofort als Straftat. Ein entsprechendes Gesetz trat am Dienstag in Kraft. Ziel ist es, die Zahl der einreisenden Flüchtlinge zu verringern. Bei illegalem Grenzübertritt drohen jetzt Haft oder Abschiebung. Bisher hatte diese Tat nur als Ordnungswidrigkeit gegolten.

Am Montag hatte Ungarn die Grenze zu Serbien, über die in den vergangenen Wochen Zehntausende Flüchtlinge gekommen waren, hermetisch abgeriegelt. Die letzte Lücke im Stacheldrahtzaun wurde bei Röszke von Polizisten geschlossen. Ankommende Flüchtlinge brachen in Tränen aus, als sie die geschlossene Grenze sahen, wie AFP-Reporter berichteten. Dutzende Polizisten und Soldaten blockierten die Grenze.

Bis zum Inkrafttreten der verschärften Gesetze brachte Ungarn systematisch Flüchtlinge an die Westgrenze. Das räumten Sicherheitsberater György Bakondi sowie Regierungssprecher Zoltan Kovacs in der Nacht zum Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze ein, wie ungarische Nachrichtenportale berichteten. Bakondi sagte kurz vor Mitternacht in Röszke, dass alle Flüchtlinge, die bis Mitternacht in Ungarn einträfen, per Eisenbahn nach Hegyeshalom an der Grenze zu Österreich gebracht würden.

US-Regierung lobt deutschen Umgang mit Flüchtlingskrise

Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hat den Umgang Deutschlands mit der Flüchtlingskrise gewürdigt. Die Bundesregierung habe ihre Anstrengungen verstärkt, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, vor Journalisten in der Präsidentenmaschine "Air Force One". Es gebe viele Initiativen von der deutschen Regierung und von deutschen Bürgern, die die Flüchtlinge als Menschen anerkennen, und diese Reaktion sei lobenswert, sagte Earnest weiter.

Earnest betonte zudem, dass kein Land allein die Flüchtlingskrise bewältigen könne. Es sei nötig, dass sich weitere Länder engagierten. Einige europäische Staaten müssten beispielsweise zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen, andere müssten sich finanziell stärker beteiligen.

© SZ.de/AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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