"Happy Valley" im WDR:Bis Knochen und Seelen brechen

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Die Hauptfigur der englischen Serie Happy Valley: Polizistin Catherine Cawood (gespielt von Sarah Lancashire) musste viel Leid ertragen. (Foto: WDR/BBC)

Eine schicksalsgebeutelte Polizistin sorgt in der englischen Serie "Happy Valley" für Recht und Ordnung. Glücklich ist man dort nur selten.

Von Benedikt Frank

Da steht ein Mann auf dem heruntergekommenen Spielplatz, übergossen mit Benzin, die Bierdose in der einen Hand, das Feuerzeug in der anderen. "Ich bin Catherine", stellt sich die zu Hilfe geeilte Polizistin vor: "Ich bin 47 Jahre alt." Das klingt wie die antrainierte Dienstanweisung zum ersten Kontakt mit einem Lebensmüden.

Aber sie fährt fort: "Ich bin geschieden, ich lebe mit meiner Schwester zusammen, die heroinabhängig war, ich habe zwei erwachsene Kinder, von denen das eine tot ist und das andere nicht mehr mit mir spricht." Das steht in keinem Protokoll. Das ist Catherines Leben.

Schon der Titelsong klingt zynisch

Der Titel der BBC-One-Produktion Happy Valley klingt schon zynisch, da ist noch nicht einmal der Vorspann gelaufen. Glücklich ist man hier nur selten. Das kleine Städtchen in West Yorkshire ist eine "Trouble Town", wie Jake Bugg im Titellied singt, in der nur ein Gedanke schön ist: Wie man weg kommt von hier. Von hier, wo die Arbeitslosigkeit alles erdrückt und Drogen aus dem Eiswagen heraus verkauft werden. Die BBC versucht sich an einer nordenglischen Version von The Wire.

Dabei macht Catherine das Beste daraus, dass das Schicksal auch sie mit viel Leid überschüttet hat. Ihre Tochter wurde vergewaltigt und brachte daraufhin einen Sohn zur Welt. Dann nahm sie sich das Leben. Um ihren Enkel Ryan kümmert sich Catherine liebevoll, obwohl ihre Ehe daran zerbrach. Sarah Lancashire verkörpert Catherine in jedem Moment beeindruckend.

Mit jeder verpassten Chance wächst die Brutalität

Die ohnehin schon prekäre Lage eskaliert. Tommy Lee Royce (James Norton), der Mann, den Catherine für den Tod ihrer Tochter verantwortlich macht, wird aus dem Gefängnis entlassen. Der unscheinbare, aber frustrierte Angestellte Kevin (Steve Pemberton) lässt sich mit Royce und seiner Gruppe von Kriminellen ein. Sie planen eine Entführung. Was sie damit angestoßen, ist nicht mehr aufzuhalten.

Catherine weiß davon zunächst nichts, und gerade dieser Wissensvorsprung des Zuschauers gegenüber den Figuren macht alles so besonders tragisch - mehr noch als das elende Milieu oder die traurige Hintergrundgeschichte. Mit jeder verpassten Chance wächst die Brutalität, bis Knochen und Seelen brechen. Dabei wäre das Glück nur einen winzigen Zufall weit entfernt. Im Happy Valley kann selbst der Zufall nur unglücklich sein.

Happy Valley , WDR, in Doppelfolgen um 22 Uhr.

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