Daimler:Rollschuhfahrer mit Ballons

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Daimler-Chef Dieter Zetsche in einem S-Klasse Cabriolet. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Daimler-Chef Zetsche erwartet "verdammt gute" Geschäfte.

Von Max Hägler, Frankfurt

Es ist eine nette Choreographie, die sie sich bei Daimler da ausgedacht haben, für diesen Vorabend der IAA: Weiße Ballons schweben da in Formation durch die Luft, erst auf den zweiten Blick sieht man: gesteuert von kleinen Propellern, Drohnen quasi. Dann kommen Rollschuhfahrer auf die Bühne gefahren, greifen nach oben, jeder einen Ballon, und tänzelnd fahren sie wieder davon: Ein Sinnbild für die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine soll das sein, die in den Fabriken von Mercedes immer relevanter wird, wo Roboter den Arbeitern immer öfter zur Hand gehen. "Wir streben auch bei Robotern die Freilandhaltung an", formuliert es Vorstandschef Dieter Zetsche.

Da gebe es bei so manchen Bedenken, wie auch beim Einsatz von Robotern beim Autofahren, aber da wie dort helfe die Rechenleistung, es sei keine Bedrohung, sondern mache das Fahren bequemer und sicherer und andererseits erleichtere es die Arbeit - ohne, dass dafür Jobs gestrichen würden. Eindringlich versichert er das, lässt dazu noch Kollegen zu Wort kommen: Zetsche will bei dieser riesigen glitzerenden Show auch Sorgen nehmen.

Auch bei einem Thema, das eigentlich gar keinen Platz zu haben scheint zwischen dem neuen S-Klasse-Cabriolet und dem futuristischen silbernen Konzeptwagen, der da während des Abends selbständig auf die Bühne navigiert: Flüchtlinge. Manche glaubten, sagt Zetsche einigermaßen unvermittelt, Zuwanderung gefährde unsere Zukunftsperspektiven. Er sei überzeugt, dass das Gegenteil der Fall ist, auch wenn die Aufnahme von 800 000 Menschen eine "Herkulesaufgabe" sei. Diese Leuten könnten Grundlage sein für "das nächste deutsche Wirtschaftswunder". Das Silicon Valley, derzeit die Pilgerstätte der Wirtschaft, zeige, wie Integration funktioniere: Elon Musk etwa, der Erfinder der Tesla-Elektrowagen, sei ein Zuwanderer und es gebe viele solcher Beispiele. Es gelte: "Wer sein komplettes altes Leben zurücklässt, ist hoch motiviert, um sich bei uns ein neues Leben aufzubauen: Genau solche Menschen suchen wir bei Mercedes." Wer die Vergangenheit kenne, die Gegenwart sehe und an die Zukunft denke, der dürfe und könne Flüchtlinge "nicht abweisen". Viele der Hunderten von Gästen im Saal applaudieren.

Nun ist Zetsche generell oft gesellschaftspolitischer in seinen Aussagen und dann noch spitzer in seinen Formulierungen, als viele seiner Managerkollegen, zumal denen auf dieser Autoshow. Doch im Moment läuft das Geschäft auch so gut, dass ihm selbst Bösmeinende nicht vorwerfen könnten, mit Politik von wirtschaftlichen Baustellen abzulenken: Beim Absatz hat sein Konzern gerade Audi überholt, liegt nun im ewigen Wettstreit wieder auf dem zweiten Platz hinter BMW. In China gibt es in diesen Monaten ein zweistelliges Wachstum, während der Markt sich dort eigentlich eintrübt. "Verdammt gut" seien die Aussichten für die wichtigste Daimler-Marke Mercedes-Benz, sagt Zetsche. Da gibt es wieder Applaus von vielen Gästen. Der übliche.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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