Wiesn und Flüchtlinge:München in Bereitschaft

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Polizisten stehen vor der ehemaligen Schalterhalle, in die die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft am Bahnhof gebracht werden. (Foto: dpa)
  • In München herrscht angespannte Ruhe. Am Montag kamen etwa 1000 Menschen am Hauptbahnhof an, bis Dienstagnachmittag weitere 914.
  • Notquartiere sind vorbereitet, freiwillige Helfer bleiben in Bereitschaft.
  • Polizei und Kreisverwaltungsreferat geben sich kurz vor Beginn des Oktoberfests betont gelassen.

Von Inga Rahmsdorf, Marco Völklein und Wolfgang Wittl, München

Trotz der Kontrollen an der Grenze zu Österreich treffen weiter Hunderte Flüchtlinge in München ein. Am Montag kamen etwa 1000 Menschen am Hauptbahnhof an, vor allem in der Nacht. Bis Dienstagabend trafen dann weitere 914 ein, wie die Bundespolizei mitteilte. Es herrsche eine "angespannte Ruhe", sagte die Sprecherin der Regierung von Oberbayern, Simone Hilgers. "Wir wissen nicht, wie sich die Grenzkontrollen auf München auswirken werden". Deshalb würden auch alle Notquartiere weiter in Bereitschaft gehalten. So habe man in der Nacht auf Dienstag etwa 500 Menschen in Hallen der Münchner Messe untergebracht.

Auch die freiwilligen Helfer halten sich weiter bereit. Dass Asylsuchende per Zug ankamen, liegt daran, dass die am Sonntag vom Bund angeordneten Grenzkontrollen offenbar nicht lückenlos sind. "Sie sind nur stichprobenartig", sagte ein Sprecher der Bundespolizei. In Salzburg berichtete die Polizei am Dienstagnachmittag, etwa 500 Flüchtlinge hätten den dortigen Bahnhof verlassen, um zu Fuß oder per Taxi nach Bayern zu gelangen. Mehrere Hundert befänden sich weiter dort. Die Situation am Münchner Hauptbahnhof war am Dienstag jedoch verhältnismäßig ruhig - zumindest verglichen mit dem Wochenende, als 20 000 Menschen angekommen waren.

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Angesichts dessen geben sich vier Tage vor Beginn der Wiesn die Polizei und das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) betont gelassen. Der Andrang von Wiesn-besuchern und Asylsuchenden gleichzeitig sei eine Herausforderung, im Grunde aber sei das diesjährige Oktoberfest nicht mehr als "eine ganz normale Wiesn mit einer kleinen Besonderheit", sagte KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle. Von einer "Krisen-Wiesn" könne man nicht sprechen.

Die Behörden gehen zum einen davon aus, dass wegen der Kontrollen weniger Flüchtlinge in München ankommen. Zum anderen setzen sie darauf, dass Flüchtlinge von der Grenze mit Sonderzügen direkt in andere Regionen gefahren werden. "Es gibt hier eine ganz besondere Solidarität anderer bayerischer Städte gegenüber der Stadt München", sagte Staatskanzleichef Marcel Huber am Dienstag. "Es wird nicht anders gehen, als Züge in dieser Zeit von München fernzuhalten."

Am Hauptbahnhof selber sollen Festbesucher und Asylsuchende räumlich möglichst getrennt werden, wie Blume-Beyerle erläuterte: "Bayerstraße Wiesn und Arnulfstraße Flüchtlinge." Letztere sollen weiterhin zum Starnberger Flügelbahnhof geleitet und dort erstversorgt werden. Es sei nicht auszuschließen, dass sich dort Flüchtlinge und Wiesnbesucher insbesondere in den Abend- und Nachtstunden begegnen werden, sagte Münchens neuer Polizeivizepräsident Werner Feiler - vom Starnberger Flügelbahnhof aus starten etwa die Regionalzüge ins Werdenfelser Land.

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Sollte es doch zu Situationen wie zuletzt am Wochenende kommen, "werden wir das managen", versicherte Feiler. Dazu stünden genügend Landes- und Bundespolizisten zur Verfügung. Auf der Festwiese selbst wird das Münchner Präsidium laut Feiler bis zu 300 Beamte einsetzen, weitere 200 stehen im direkten Umfeld zur Verfügung. Auch die Bundespolizei will ihre Kräfte verstärken, ebenso der Sicherheitsdienst der Deutschen Bahn.

Staugefahr für Wiesngäste

Der Autofahrerverband ADAC warnt zugleich vor Staus an der deutsch-österreichischen Grenze, auch weil viele Besucher von dort zum Oktoberfest anreisen dürften. Insbesondere Fahrer von Wohnmobilen sollten sich darauf gefasst machen, von den Bundespolizisten an der Grenze herausgewunken und kontrolliert zu werden - einfach weil diese Fahrzeuge "bauartbedingt dazu geeignet sind, mehrere Personen zu transportieren", wie Andreas Hölzel vom ADAC sagt. Auf diese Fahrzeuge legten die Kontrolleure der Polizei derzeit ein besonderes Augenmerk.

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Unterdessen hat der Betreiber der Hühner- und Entenbraterei Poschner's sein ehemaliges Wiesnzelt als Flüchtlingsunterkunft angeboten. Er hat in diesem Jahr keine Zulassung für das Oktoberfest bekommen. Sozialreferentin Brigitte Meier lehnte das Angebot aber ab: "Wir bauen keine Zelte auf", sagte sie. Die Stadt, die für die längerfristige Unterbringung verantwortlich ist, bringe Asylsuchende ausschließlich in festen Bauten unter. Zelte seien vor allem bei kälteren Temperaturen nicht geeignet. In den vergangenen Tagen und Wochen hat die Regierung von Oberbayern jedoch mehrfach kurzfristig Zelte aufbauen lassen. Am Dienstagabend teilte die Behörde mit, dass sie dies auch auf dem ehemaligen Gelände der Bundeswehruniversität in Unterhaching tun werde.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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