General Electric:Konkurrenz rüstet auf

Siemens Gasturbine SGT5-8000H / Siemens gas turbine SGT5-8000H

Große Teile, aufwendiger Transport: Im Werk Berlin bauen Siemens-Mitarbeiter die Gasturbinen...

(Foto: Jens Göhrlich/Siemens AG)

Der Siemens-Konkurrent GE hat Alstom übernommen - und damit den Markt von Gasturbinen durchgerüttelt.

Von Christoph Giesen

Bis vor einer Woche war der Markt für Gasturbinen noch übersichtlich: Marktführer war General Electric (GE), Siemens folgte als Nummer zwei, abgeschlagen auf den Rängen drei und vier lagen Alstom und Mitsubishi Heavy Industries. Nach der genehmigten Übernahme von Alstom durch GE wird sich zwar die Reihenfolge so schnell nicht verändern, für Siemens allerdings könnte es dennoch ungemütlich werden. In Europa, vor allem aber in China.

Jahrelang war das Geschäft mit Gasturbinen für Siemens eines der profitabelsten überhaupt. Kaum eine Konzernsparte warf mehr ab. Umsatzrenditen von fast 20 Prozent waren keine Seltenheit. Den meisten Gewinn macht der Konzern mit dem sogenannten Servicegeschäft, also der Wartung der Turbinen, die in einem Gaskraftwerk den Strom erzeugen. Als Faustformel gilt: Verkauft man eine Gasturbine für 35 Millionen Euro, holt man in den kommenden zehn bis zwölf Jahren 35 Millionen Euro an Gewinn durch den Service rein. Das einzige wirkliche Manko: Die wichtigsten Märkte liegen nicht in Europa. In Deutschland lässt sich aufgrund der Kohlesubvention derzeit kein Gaskraftwerk verkaufen. Das Nachbarland Frankreich setzt ohnehin auf Atomstrom. Anders sieht es im Nahen Osten aus, wo Gas oft ein Abfallprodukt der Ölförderung ist. Oder etwa in China, wo der Energiebedarf stetig steigt.

In der vergangenen Woche nun genehmigte die EU-Wettbewerbskommission den Alstom-Verkauf - ein Jahr nach der Übernahmeschlacht, die sich Siemens und GE um das französische Unternehmen geliefert hatten. Die Auflage: GE muss 34 der lukrativen Serviceverträge an den italienischen Anbieter Ansaldo abtreten. Allerdings sind das nicht mal fünf Prozent der Aufträge. 720 Alstom-Turbinen wartet künftig GE. Außerdem geht auf Brüssels Wunsch das Neugeschäft, also die Alstom-Turbinenfertigung, an Ansaldo. Das ist zum einen eine Turbine der sogenannten F-Klasse sowie eine sich noch in der Entwicklung befindende H-Klasse-Turbine - mit einer solchen Anlage lassen sich Wirkungsgrade von deutlich über 60 Prozent erzielen. Für GE ist der EU-Schiedsspruch nahezu die Ideallösung. Denn die beiden Turbinen-Klassen haben die Amerikaner selbst im Portfolio. Hätten sie die Alstom-Produktion übernommen, müssten wahrscheinlich Alstom-Ingenieure um ihre Arbeitsplätze bangen. Nun bekommt GE sogar noch Geld für ein Geschäft, das sonst nur abgewickelt worden wäre. Aber auch industriepolitisch ist dieser Deal bemerkenswert: Schaut man sich die Eigentümerstruktur von Ansaldo an, fällt auf, dass mit 40 Prozent der wichtigste Anteilseigner der chinesische Staatskonzern Shanghai Electric ist. Im Mai 2014, als gerade der Übernahmekampf um Alstom tobte, stiegen die Chinesen bei Ansaldo ein und zahlten 400 Millionen Euro. Das Problem für Siemens: Gemeinsam mit Shanghai Electric fertigen die Münchner Kraftwerke für den chinesischen Markt. Nun haben die Chinesen jedoch über Ansaldo selbst Zugriff auf ausgereifte Gasturbinen. Ärgerlich für Siemens: Wie es aus Finanzkreisen heißt, gab es im vergangenen Jahr ernsthafte Überlegungen, Ansaldo selbst zu übernehmen. "Wir kommentieren das nicht", sagt ein Siemens-Sprecher dazu.

Wie unangenehm dieser Tage der chinesische Markt sein kann, bekommt Siemens im Geschäft mit Computertomografen zu spüren. Seit einiger Zeit gewinnen vermehrt chinesische Anbieter Ausschreibung um Ausschreibung, und das obwohl die chinesischen Anlagen zumindest technisch schwächer sind. Im schlimmsten Fall droht ähnliches im Gasturbinengeschäft.

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