Bamf-Präsident Schmidt:Rücktritt zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt

BAMF-Präsident Manfred Schmidt

Mitten in der Flüchtlingskrise ist BAMF-Präsident Manfred Schmidt aus persönlichen Gründen zurückgetreten.

(Foto: dpa)
  • Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, ist aus "persönlichen Gründen" von seinem Amt zurückgetreten.
  • Schmidt stand in der aktuellen Krise zuletzt in der Kritik, weil sein Amt der Bearbeitung der Asylanträge nicht Herr wurde.
  • Der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, bedauert den Rücktritt. Die Gründe für die überlangen Asylverfahren lägen nicht beim Bamf.

Rücktritt aus "persönlichen Gründen"

Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Manfred Schmidt, ist von seinem Amt zurückgetreten. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, habe Schmidt aus persönlichen Gründen darum gebeten, von seinen Aufgaben entbunden zu werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sei dieser Bitte nachgekommen.

Der Bundesinnenminister bedaure, mit Schmidt einen Behördenleiter zu verlieren, der hervorragende Arbeit geleistet habe. Auch auf Grund von Schmidts "außergewöhnlichem Einsatz" seien in der aktuellen Flüchtlingskrise für das Bamf "Personal, Stellen und Haushaltsmittel in großem Umfang bereitgestellt worden".

Schmidt war seit Dezember 2010 Präsident des Bamf in Nürnberg. Seine Behörde und ihr Leiter waren zuletzt immer stärker in die Kritik geraten. Anders als in der Darstellung des Innenministers sehen es viele Kritiker als gescheitert an, die Kapazitäten des Amtes zügig auszuweiten.

So gut wie alle Bundesländer sprachen über das Bamf zuletzt als "dramatisches Nadelöhr" für die Flüchtlinge. Es stauen sich nicht erledigte Asylverfahren, viele Flüchtlinge sind noch nicht mal beim Amt registriert. Dabei hatte das Bamf in den vergangenen Jahren personell aufgestockt. 3000 Menschen sind bei dem Bundesamt beschäftigt, 550 von ihnen sind sogenannte Entscheider. 2012 waren es 248, ein Jahr später 283. Bis Jahresende sollen noch einmal 450 Entscheider hinzukommen. Dann werden es viermal so viele sein wie 2012 - etwa 1000.

Unterschätzt wurde jedoch dabei, dass auch die Zahl der Flüchtlinge massiv angestiegen ist. 2012 waren es knapp 80 000. Am Ende dieses Jahres wird sich die Zahl verzehnfachen. Eine Beschleunigung der Verfahren wird mit dem derzeitigen Personal kaum möglich sein. Dabei hatte der Bund im Herbst 2014 versprochen, die Verfahrensdauer von 7,1 Monaten auf drei Monate zu verringern. Vor dem jüngsten Anstieg der Flüchtlingszahlen lag sie bei 5,3 Monaten.

Abgang zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt

Die Kritik am Bamf fiel zuletzt auch immer wieder auf Innenminister Thomas de Maizière zurück. Beim Treffen von Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten am Dienstagabend gab es Informationen der Süddeutschen Zeitung zufolge massive Kritik am Krisenmanagement des Bundes und des zuständigen Innenministers. Besonders der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer monierte die fehlerhafte Organisation. Das Bamf hätte nicht früh genug auf die Flüchtlingskrise reagiert. Nach Berichten von Teilnehmern hätten die anderen Länderchefs die Kritik geteilt.

Der Abgang Schmidts scheint zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt zu kommen, denn mitten in der Krise muss nun ein Nachfolger gefunden werden. Gleichzeitig haben die Ministerpräsidenten mit ihrer einhelligen Kritik ein klares Signal eingefordert, dass sich am Management des Bamf etwas ändern muss. Schmidt erklärte zwar, sein Amt aus persönlichen Gründen niedergelegt zu haben. Dass seine Entscheidung in eine Zeit fällt, in der dem zuständigen Innenminister Planlosigkeit und dem Bamf Inkompetenz vorgeworfen wird, darf wohl kaum als Zufall gelten.

Schmidts Rücktritt ist angesichts der aktuellen Situation eine leere Geste. Denn das eigentliche Problem, nämlich die zu lange Verfahrensdauer wird sich dadurch vorerst nicht lösen lassen.

Göring-Eckardt sieht Schmidt als Bauernopfer

Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, wertete den Rücktritt als Eingeständnis, dass das Bundesamt "der Lage nicht gewachsen ist und die Kritik an den schleppenden Personaleinstellungen ins Schwarze traf". Innenminister de Maizière müsse daraus Konsequenzen ziehen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erklärte zum Rücktritt: "Das ist ein klassisches Bauernopfer." Personalentscheidungen seien nicht das Hauptproblem der deutschen Flüchtlingspolitik. Der Regierung mangele es an richtiger Prioritätensetzung.

Der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, bedauert den Rücktritt des Bamf-Präsidenten: "Schmidt ist eine hoch zu schätzende Persönlichkeit", sagte er. "Die Gründe für die überlangen Asylverfahren liegen aus unserer Sicht nicht beim Bamf, sondern beim Bundesinnenministerium."

Burkhardt forderte Bundesinnenminister de Maizière dazu auf, weitreichende Entscheidungen zur Lösung des Problems zu treffen, die über die Kompetenz der Bamf-Spitze hinausgingen. "Wir brauchen eine Altfallregelung für Asylfälle, die älter sind als ein Jahr", sagte der Pro-Asyl-Geschäftsführer. "Um diese Fälle vom Tisch zu bekommen, sollte diesen Menschen die Möglichkeit eines Aufenthaltsstatus angeboten werden."

Burkhardt forderte zudem, Flüchtlingen aus Syrien, Somalia, Irak und Eritrea im schriftlichen Verfahren einen Asylstatus zuzuerkennen, um den Rückstau bei der Bearbeitung der Asylanträge durch das Bamf zu verringern.

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