Sachsen-Anhalt:Im Geflecht

Der Landtag von Sachsen-Anhalt debattiert über zweifelhafte Praktiken beim Radiosender SAW. Kaufte sich die Landesregierung indirekt Einfluss?

Von Cornelius Pollmer

Die Diskussion um zweifelhafte Praktiken beim Radiosender SAW hat am Freitag den Landtag von Sachsen-Anhalt beschäftigt. Der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel sagte, es gehe nicht nur um eine fehlende Kennzeichnung von Sendungen als Werbung, sondern um eine strukturelle Verflechtung von Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) und dem Sender. Stefan Gebhardt (Linkspartei) sprach von einem Eingriff in die journalistische Unabhängigkeit durch den Staat. Während der Rede von Gebhardt machte sich der Finanzminister durch einen lauten Zwischenruf bemerkbar. Bullerjahn sagte wörtlich: "Seid ihr denn alle bekloppt, oder was?" Offiziell bezog für die Landesregierung allerdings die Justizministerin Stellung, Angela Kolb (SPD). Sie wies die Vorwürfe zurück und folgte der Verteidigungslinie des Radiosenders: Es sei kein Geld für journalistische Sendungen geflossen, nur für Werbespots, die auf solche Sendungen hinwiesen.

Der Sender SAW steht seit einer Woche in der Kritik. Die Magdeburger Volksstimme hatte über umständliche Konstruktionen berichtet, die es Mitgliedern der Landesregierung ermöglicht haben soll, mindestens indirekt Einfluss auf das Programm zu nehmen. In sogenannten "Spezial"-Sendungen konnten demnach Ministerien für politische Inhalte werben, ohne dass dies hinreichend gekennzeichnet oder von allzu kritischen Nachfragen unterbrochen worden wäre. Die Medienanstalt Sachsen-Anhalt prüft die Vorwürfe. Betroffen von der Kritik ist auch eine preisgekrönte Sendung von 2011. Wie die Volksstimme offenlegte, wurde diese von einer dem SAW-Publikum bekannten Moderatorin geleitet, die zum Zeitpunkt der Ausstrahlung schon Chefin exakt der Werbeagentur war, über welche die Sendung im Auftrag des Paritätischen Wohlfahrtsverbands gebucht worden war.

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