Syrien-Krieg:Warum Assad kein Teil der Lösung ist

Bashar al-Assad

Syriens Präsident Baschar al-Assad

(Foto: dpa)

Die Lage in Syrien bringt Russland und den Westen wieder an einem Tisch zusammen - sie eint die Feindschaft zum IS. Doch der syrische Diktator ist keineswegs das kleinere Übel.

Ein Kommentar von Kurt Kister

Ohne Baschar al-Assad gäbe es diesen Krieg in Syrien nicht. Sein Regime ist die Ursache für den Aufstand der einst gemäßigten Opposition in dem so wichtigen arabischen Land. Und genauso dient die Gewaltherrschaft, die erst der Vater (seit 1971), dann der Sohn Assad (seit 2000) ausgeübt haben, den Kopfabschneidern des Islamischen Staats als Begründung für ihren Krieg gegen Menschen und Menschlichkeit. Mit diesem Assad also, dem Herrn über Folterkeller und Fassbomben, möchte nun die Bundeskanzlerin reden? Und nicht über seinen sofortigen Rücktritt, sondern über eine "Lösung" des Konflikts?

Syrien ist wieder einmal in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Angela Merkels neue Überlegungen stehen im direkten Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle aus Syrien. Solange sich die Assadisten, die Islamisten und die relativ Gemäßigten der zerstrittenen "Freien syrischen Armee" bekämpfen, werden weiter Hunderttausende fliehen und jene Millionen, die das schon getan haben, werden nicht zurückkehren. Während man sich in Europa in erster Linie wegen der Flüchtlinge Sorgen macht, bewegen die Präsidenten Obama und Putin noch ganz andere Dinge in Syrien.

Putin will Assad retten, Berlin will ihn exilieren

Putin hält Assad nach wie vor für den "legitimen" Präsidenten und möchte ihn, wie er das jetzt im Interview gesagt hat, "retten". Die Sowjetunion und später Russland haben die Assads stets unterstützt. So wie die US-Politik vor allem im Irak Schuld am Entstehen des IS trägt, trägt die russische Politik Schuld an der Aufrechterhaltung der blutigen Diktatur in Syrien und damit am Bürgerkrieg. Assads Verbrechertum beeindruckt Putin nicht. Für ihn ist und bleibt der Syrer ein Verbündeter, der Moskau auch Einfluss in der Region sichert. Der US-Präsident wiederum hat gegenüber Syrien einen Zickzackkurs verfolgt.

Der Irak, nach der US-Invasion 2003 im Treibsand der Gewalt versunken, war den USA allemal wichtiger als Syrien. Zuerst ließ Obama Assad gewähren, dann zog er eine "rote Linie" wegen der Chemiewaffen, dann ließ er wieder gewähren. Jetzt treibt die Angst vor dem IS die Amerikaner an einen Tisch mit ihrem Freundfeind Putin. Anfang kommender Woche wollen die beiden Präsidenten darüber reden, was man tun kann in Syrien.

Die beiden eint die Feindschaft gegenüber dem IS; Putin muss zudem ein Ausgreifen des IS in den Süden Russlands fürchten. Was Moskau in Syrien tut, tut es aber auch zugunsten Assads. Im Westen kursiert die Vorstellung, man könne Assad jetzt als das kleinere Übel stützen, um ihn später nach Russland ins Exil zu zwingen. Solche Gedanken mögen auch Merkels unkonkreter Äußerung über Assad zugrunde liegen.

Dabei allerdings wird mancherlei außer Acht gelassen. Der IS will nicht verhandeln, weder mit Assad noch mit sonst irgendwem. Für den IS heißt die Losung: Sieg oder Tod. Und um die Islamisten militärisch zu besiegen, müssten Assads Truppen in einer Weise aufgerüstet werden, die den Diktator stabilisieren würde, was, notabene, eines von Putins Zielen ist. Eine Militärintervention von Russen, Amerikanern und Europäern wiederum wird nicht stattfinden. Die nämlich müsste eine Art Besatzungsstaat nach sich ziehen, den niemand will und der wohl das Schicksal des Irak erleiden würde.

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