USA und Russland:Putins Quittung

Vladimir Putin

Putin hat dafür gesorgt, dass Russland wieder als Macht in der Welt wahrgenommen wird.

(Foto: AP)

Obama verspottete Russland einst als Regionalmacht. Ein großer Fehler. Jetzt hat Putin klargemacht, dass man wieder mit Russland rechnen muss.

Kommentar von Julian Hans

Sollte noch jemand daran gezweifelt haben, dass sich militärische Stärke auch im von wirtschaftlicher Verflechtung und politischem Ausgleich bestimmten 21. Jahrhundert noch auszahlt, dann hat es ihm Wladimir Putin gerade in einem Schnellkurs bewiesen. Seit Barack Obama Präsident der Vereinigten Staaten wurde, ist außer kurzen Begegnungen im Stehen kein vollwertiges Treffen der beiden zustande gekommen.

Nun lagen zwischen der Warnung Washingtons, Russland solle sich aus Syrien heraus­halten, und dem Angebot, die Zusammenarbeit im Kampf gegen islamistische Terroristen abzustimmen, keine drei Wochen. Ohne den eilig aufgebauten Luftwaffenstützpunkt in Latakia hätte Putin gestern möglicherweise wieder allein am Buffet ­gestanden, wie beim G-20-Treffen in Brisbane im vergangenen November. So traf er Obama.

Es war vielleicht der schwerste Fehler des Friedensnobelpreisträgers während der Ukrainekrise, Russland als Regional­macht zu bezeichnen. So etwas kann man höchstens denken, öffentlich sagen sollte man es auf keinen Fall. Denn öffent­liche Demütigungen sind für Putin so etwas wie gefühlte Nato-Osterweiterungen.

Putin hat klargemacht, dass man mit Russland rechnen muss

"Wir sind nicht davon besessen, eine Supermacht sein zu müssen", sagte Putin jetzt im Inter­view mit dem US-Sender CBS. Der Aufmarsch in Syrien, der ihn zum am meisten beachteten Redner bei der 70. Generaldebatte der Vereinten Nationen machte und ihm endlich ein Treffen mit dem US-Präsidenten bescherte, spricht eine andere Sprache. Obamas Regionalmachtaussage hat Putin damit widerlegt. Möglicherweise war das sogar eines der wichtigsten Ziele der Aktion.

Putin hat klargemacht, dass man wieder mit Russland rechnen muss. Wenn das nun auch im Westen verstanden wurde, hat das vielleicht auch sein Gutes. Denn dann wird hoffentlich mehr Politikern klar, dass in der Auseinandersetzung mit Moskau flapsige Sprüche nicht weiter­helfen. Sie dürfen nicht immer nur auf Putins Überfälle reagieren, sie brauchen eine kühle Analyse des russischen Vorgehens und eine klare Strategie zum Umgang mit Moskau, wollen sie nicht noch einmal so vorgeführt werden.

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