Thailand:Ermittlungen beendet

Die thailändische Polizei will den Bangkok-Attentäter identifiziert haben. Doch es gibt Zweifel an den Ermittlungsmethoden. Die Militärregierung war nach dem Anschlag stark unter Druck geraten.

Von Arne Perras, Singapur

Wochenlang haben die Thailänder staunend verfolgt, wie ihre Polizisten nach dem verheerenden Anschlag vom 17. August ermittelten und fahndeten, wie sie ihre eigene Arbeit priesen und sogar jene Belohnung selbst einstrichen, die eigentlich für Hinweise aus der Öffentlichkeit gedacht war. Das alles hat das Vertrauen der Bürger in ihre Sicherheitsbehörden nicht gerade gestärkt, ständig tauchten neue Widersprüche auf.

Doch nun hat die Polizei Anfang der Woche überraschend einen Schlussstrich unter den Fall gezogen. Ihre Fernsehbotschaft an die Nation lautete: Bombenleger ermittelt, Motiv gefunden, Fall abgeschlossen. Und dann durften noch alle dabei zusehen, wie sich die Polizisten ein zweites Belohnungspaket auszahlten, Spenden von Geschäftsleuten und auch eine Gabe des Polizeichefs Somyot Poompunmuang, der nun in Pension geht.

Die Führung des Landes war nach dem Anschlag im August unter Druck geraten

Wer es nun war? Der bärtige Mann, auf den sich die Ermittler als Bombenzünder festgelegt haben, soll ein chinesischer Uigure sein, der unter zwei Namen, Adem Karadag und Bilal Mohammed, bekannt wurde. Sein Anwalt war bei einem angeblichen Geständnis nicht anwesend, was neue Zweifel an den Ermittlungsmethoden nährt. Bilal, der offenbar 2004 aus China in die Türkei umsiedelte, ist bereits seit Ende August in Polizeigewahrsam. Die Behörden versichern, dass er auch der gesuchte Mann im gelben T-Shirt sei, den Sicherheitskameras aufzeichneten, als er einen schwarzen Rucksack zum Tatort trug. Darin war laut Polizei die Bombe versteckt. Der Anwalt des Mannes hat allerdings erklärt, dass sein Mandat erst nach dem Anschlag ins Land eingereist sei.

Auch das Tatmotiv wollen die Behörden nun ermittelt haben. Demnach gehört Bilal zu einer Menschenhändlerbande, die sich mit der Bombe dafür rächen wollte, dass der Staat Thailand verstärkt gegen das organisierte Verbrechen vorgegangen sei. Die Polizei zeichnete das Bild einer 17-köpfigen Gruppe, die den Anschlag vorbereitet und bei der Ausführung geholfen haben soll. Die Ermittlungsbehörden rückten damit deutlich ab von einer anderen These, die schon früh von vielen unabhängigen Analysten vorgebracht worden war: dass die Tat ein Vergeltungsschlag gewesen sein könnte, weil Thailand mehr als 100 geflüchtete Uiguren zurück nach China abgeschoben hatte. Die ethnische Minderheit beklagt, dass sie in China unterdrückt und verfolgt werde.

Die Bombe tötete damals 20 Menschen, 14 davon waren Ausländer, die meisten Chinesen. Thailand war stets darauf bedacht, den Anschlag nicht mit Begriffen wie internationalem Terror in Verbindung zu bringen, vielleicht auch deshalb, weil dies ausländische Touristen mehr als alles andere abschreckt. Inwieweit der Anschlag Besucher aus dem Ausland fernhält und welchen Schaden die Tourismusbranche Thailands nimmt, ist schwer abzuschätzen. Zwar stornierten viele Besucher ihre Reise unmittelbar nach dem Attentat, doch Reiseveranstalter haben auch die Erfahrung gemacht, dass solche Gewaltakte oft schnell wieder in Vergessenheit geraten. "Für Weihnachten sehen wir keine Stornierungen, das Geschäft läuft wie immer", erklärte auf Anfrage ein großes Reisebüro in Singapur.

Thailands Führung war wegen des Anschlags stark unter Druck geraten. Prayut Chan-ocha, General im Amt des Premiers, präsentierte sich nach dem Putsch im Mai 2014 als oberster Hüter der nationalen Sicherheit, doch dann waren seine Sicherheitskräfte hilflos, als Thailand den verheerendsten Anschlag seiner Geschichte erlebte. Das kratzte an der Glaubwürdigkeit. Als Prayuth nun in New York bei den Vereinten Nationen auftrat, wurde erneut deutlich, dass längst nicht alle Thailänder seine Militärherrschaft begrüßen. Es protestierten dort zwei Lager, die einen feierten den General als Saubermann, die anderen demonstrierten gegen "den Tod der Demokratie" und wünschten auf Plakaten die Junta Prayuts "zur Hölle".

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