Tod der Schauspiel-Ikone:"Bei Gott, ich habe ihn nicht gesehen"

James Dean im Porsche 550 Spyder

Tod am Nachmittag: James Dean am Steuer des Porsche 550 Spyder, in dem er am 30. September 1955 verunglückte. Neben ihm Rolf Wütherich.

(Foto: dpa)

Vor 60 Jahren verunglückte James Dean in seinem Porsche tödlich. Bis heute ist die Schuldfrage nicht geklärt. Eine Rekonstruktion.

Von Axel F. Busse

Der Tag, als Donald Turnupseed in die Geschichte einging, wird als spätsommerlich beschrieben. Der Himmel war klar, die Sonne stand schon tief an diesem Nachmittag des 30. September 1955. Turnupseed, Student, 23 Jahre alt, saß an diesem Tag am Steuer seines getunten Ford Tudor. "Die Straße erschien wie ein graues Band, das eine gleichförmige Landschaft durchschnitt," wird der deutsche Mechaniker Rolf Wütherich später zu Protokoll geben, die einzige Abwechselung auf dem Weg nach Salinas seien eine Tankstelle und ein kleiner Laden gewesen.

Dort hatten er und der 24jährige Schauspieler James Dean, der am Steuer des silbernen Porsche 550 Spyder saß, noch einen Kaffee getrunken. Die Zeit: 17.30 Uhr. Da hatte Dean noch eine halbe Stunde zu leben. Exakt um 17.59 und zehn Sekunden, an der Kreuzung der Highways 41 und 46 bei Cholame biegt Turnupseed in seinem zweifarbigen Ford links ab. Den entgegenkommenden Porsche sieht er nicht.

Der Highway 46 verläuft an dieser Stelle schnurgerade in west-östlicher Richtung und wer zur Pazifik-Küste unterwegs ist, schaut direkt in die Sonne. Das gleißende Licht, so wurde später rekonstruiert, könnte Dean geblendet haben, sonst hätte er den unvermittelt abbiegenden, 1950er-Ford wohl früher gesehen. Und ob der Student Turnupseed den kleinen silbernen Wagen womöglich übersah, weil Dean in der Abenddämmerung kein Licht eingeschaltet hatte, wird ebenso nie geklärt werden. Fest steht dagegen: Der Ford trifft den Porsche mit voller Wucht auf Höhe der Tür und schleudert ihn von der Straße.

"Little Bastard" - passender Spitzname Auto und Fahrer

James Dean und sein Beifahrer Wütherich waren auf dem Weg nach Salinas, wo Dean an einem Autorennen teilnehmen wollte. Kaum eine Woche vor der verhängnisvollen Fahrt hatte er seinen Porsche 356 Speedster in Zahlung gegeben, 7000 Dollar draufgelegt und den 550 Spyder erworben - einen zweisitzigen Rennwagen mit Straßenzulassung, aus Aluminium gefertigt, 550 Kilo leicht, befeuert von einem luftgekühlten 1,5-Liter-Vierzylinder-Boxer mit 110 PS, 220 km/h schnell. Nur 115 Stück hat Porsche davon gebaut, heute beträgt der Wert um die 2,5 Millionen Euro.

Auf der Fronthaube des Dean-Porsche prangte die Zahl 130, auf dem Heck der Spitzname "Little Bastard", den ihm Deans Dialogcoach Bill Hickman bei den Dreharbeiten von "Giganten" verpasst hatte. Auf dem Highway nach Cholame waren Wütherich und Dean nicht allein unterwegs. Mit einigem Abstand folgten Hickman und der Fotograf Sandy Roth, der an einer Fotoreportage über den Schauspieler arbeitete. "Little Bastard" wäre auch eine geeignete Bezeichnung für das Auto selbst gewesen, denn der 550 galt als ausgesprochen giftige Fahrmaschine.

Wer trägt die Schuld?

James Dean tödlich verunglückt

James Deans Wagen nach dem tödlichen Unfall.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Trotzdem: Dean war nicht als rücksichtsloser Fahrer bekannt. Im Gegenteil: Zwei Wochen vor seinem Tod hatte er für das National Safety Council, einer Organisation, die sich dem Arbeitsschutz und der Verkehrssicherheit verschrieben hat, einen Werbespot aufgenommen. Darin sagt der Schauspieler: "Früher bin ich auch ganz schön gerast und habe unnötig viel riskiert. Aber seit ich Rennen fahre, bin ich auf der Straße besonders vorsichtig geworden. Die Leute haben ja oft gar keine Ahnung, was für einen gefährlichen Mist sie bauen. Man weiß nie, was so ein Typ auf der Straße als nächstes tut. Fahrt vorsichtig!" Und im Nachhinein klingt sein Schlusssatz fast prophetisch: "Vielleicht bin ich es, dem ihr damit eines Tages das Leben rettet."

Der Polizeibericht zum Unfallhergang ging zunächst davon aus, dass Dean mit etwa 170 km/h auf die Kreuzung zuraste, doch dies wurde später revidiert. Ein Analyse-Unternehmen aus Palo Alto, das 1990 den Unfall in allen Details nachstellen ließ, kam zu dem Schluss, dass der Porsche mit einem Tempo zwischen 55 und 60 Meilen pro Stunde, also weniger als 100 km/h, unterwegs gewesen war.

Der Student Turnupseed dagegen, das ergab die Rekonstruktion, hatte seinen Wagen vor dem plötzlichen Abbiegen mehrfach abgebremst und wieder beschleunigt. Das ungewöhnliche Verhalten könnte mit zu dem Unfall geführt haben, doch der zuständige Amtsrichter sah später keinen Grund, dem Ford-Fahrer die Schuld an dem Zusammenstoß zuzusprechen. "Ich habe ihn nicht gesehen, bei Gott, ich habe ihn nicht gesehen", wird Turnupseed später zitiert.

Ein Fluch auf Deans Auto

Als die Polizei an der Unfallstelle eintraf, waren Schaulustige, trauernde Teenies, Devotionalien-Sammler und fragwürdige Gestalten dort schon versammelt. James Dean, bis heute Symbolfigur einer aufbegehrenden, jungen Generation, wurde mit gebrochener Wirbelsäule, eingedrücktem Brustkorb und zerschmettertem Kiefer aus dem zertrümmerten Porsche gezogen. Sein früher Tod machte ihn als Ikone unsterblich.

Beifahrer Wütherich wurde aus dem Wagen geschleudert und schwer verletzt. Den Unfall hat er nie verwunden, er wurde danach depressiv, stach 1967 seine Ehefrau nieder und verunglückte 1981 tödlich. Glimpflich kam Turnupseed davon. Abgesehen von einem Schock blieb er unverletzt.

Und so, wie die James Dean zur Legende wurde, rankten sich bald Mythen um den Schrotthaufen, den der Auto-Schrauber George Barris aus Hollywood für 2500 Dollar erstand. Sogar von einem Fluch, der auf dem Auto laste, war die Rede. An vermeintlichen Belegen dafür fehlte es nicht: Einer von Barris' Leuten wurde verletzt, als das Wrack beim Verladen vom Laster kippte. Der Motor landete Berichten zufolge schließlich bei einem Amateur-Rennfahrer aus Beverly Hills. Auch er verunglückte tödlich.

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