Arabisch-Dolmetscher dringend gesucht:Hal tatakallam al-Lugha al-Arabiya?

Arabisch-Dolmetscher gesucht

Ein ehrenamtlicher Dolmetscher hilft am Hauptbahnhof München bei der Verständigung. Behörden, Verbände und die Polizei suchen dringend nach Mitarbeitern mit Sprachkenntnissen.

(Foto: Robert Haas)
  • Angesichts steigender Flüchtlingszahlen sind Polizei, Behörden und Wohlfahrtsverbände auf der Suche nach Mitarbeitern mit Fremdsprachenkenntnissen.
  • Besonders gefragt ist aktuell Arabisch.

Von Bianca Bär

Hal tatakallam al-Lugha al-Arabiya? Sprechen Sie Arabisch? Wer diese Frage mit Ja beantworten kann, verfügt über eine Kompetenz, deren Bedeutung in den letzten Monaten stark gestiegen ist. Die Bundesregierung rechnet mit mindestens 800 000 Menschen, die in diesem Jahr Asyl in Deutschland beantragen werden, viele von ihnen kommen aus Syrien oder dem Irak - und damit aus Ländern, in denen überwiegend Arabisch gesprochen wird.

"Der Bedarf an Arabisch sprechendem Personal in allen Behörden, die mit den Flüchtlingsströmen konfrontiert sind, ist also sehr hoch", sagt Jürgen Wursthorn, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit. Dazu gehören unter anderem die Bundespolizei und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Bundesagentur für Arbeit selbst.

Hinzu kommen Wohlfahrtsverbände wie die Caritas oder die Diakonie. Arabisch sprechende Mitarbeiter sind überall Mangelware. Meistens müssen daher ehrenamtliche oder professionelle Dolmetscher einspringen.

So stellt die Bundesagentur für Arbeit ihren Beschäftigten, die Flüchtlinge beraten oder ihnen Arbeits- und Ausbildungsplätze vermitteln, Dolmetscher zur Seite. Nur wenige Angestellte der Arbeitsagentur beherrschen selbst Arabisch, sagt Wursthorn. Dabei handle es sich zumeist um Muttersprachler, die bereits sehr lange in Deutschland leben.

Künftig sollen auch deutschsprachige Mitarbeiter Arabisch-Unterricht erhalten. Bei Neueinstellungen zahlen sich Arabisch-Kenntnisse ebenfalls aus. "Wer neben dem nötigen Ausbildungs- beziehungsweise Studienabschluss auch noch Arabisch-Kenntnisse mitbringt, ist bei uns herzlich willkommen", sagt Wursthorn.

Sprachkompetenz und Fachwissen gesucht

Andreas Herden, Leiter der Abteilung Gesundheit, Migration und Sozialpsychiatrie der Inneren Mission München sehnt sich auch nach Mitarbeitern mit entsprechenden Sprachkenntnissen: Er betreut Flüchtlinge aus Syrien, Irak und einigen nordafrikanischen Ländern. "Ideal wären Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, der entsprechenden universitären Ausbildung, Sprachkompetenz und kultureller Kompetenz, damit sie sich auch sicher in den Zielgruppen bewegen können", sagt Herden. Leider gebe es bisher wenige Zuwanderer, die sich zu einem Studium in Sozialpädagogik, Pädagogik oder Sozialer Arbeit entscheiden.

Derzeit arbeite bei der Inneren Mission München zumindest ein muttersprachlicher Iraker in der Migrationsberatung. "Für uns ein großer Glücksfall", freut sich der Abteilungsleiter. Ansonsten greife die Innere Mission vielfach auf ehrenamtliche Dolmetscher zurück: Flüchtlinge, die bereits über einen anerkannten Aufenthaltsstatus und über deutsche oder englische Sprachkenntnisse verfügen.

Schwierig wird es beim Dolmetschen von Konflikten

Auch der Alveni-Sozialdienst für Flüchtlinge der Caritas in München setzt größtenteils auf diese ehrenamtlichen Dolmetscher. Soll ihre Sprachkompetenz jedoch bei der Schlichtung von Ehekonflikten oder bei der Betreuung von Traumatisierten weiterhelfen, geraten die Laien-Dolmetscher schnell an ihre Grenzen, weiß Rosemarie Ghorbani, Fachbereichsleitung des Alveni-Flüchtlingsdienstes. Daher bilden sie und ihre Kollegen Flüchtlinge, die schon länger in Deutschland leben und in beiden Kulturen ihren Platz gefunden haben, zum Kulturdolmetscher aus.

"In der Ausbildung lernen sie, sich von den Problemen, die sie übersetzen müssen, abzugrenzen und sie nicht nach außen zu tragen", sagt die Sozialpädagogin Ghorbani. Derzeit sind bei Alveni 80 Kulturdolmetscher für die unterschiedlichsten Sprachen im Einsatz, darunter das gefragte Arabisch, aber auch das exotische Tibetisch. Für ihre Dienste werden die Kulturdolmetscher mit einer kleinen Aufwandsentschädigung entlohnt.

"Einige lernen die Sprache in ihrer Freizeit"

Spezielle Sprachkurse für ihre festangestellten Mitarbeiter stehen weder bei der Inneren Mission noch bei Alveni auf dem Programm. "Einige erlernen die Sprache in ihrer Freizeit aus Neugier oder auch aus beruflichem Interesse", sagt Herden. Beim Erlernen der arabischen Sprache seien jedoch einige Hürden zu überwinden. "Das betrifft zum einen die eigene Schrift. Zum anderen erschweren die verschiedenen Dialekte die Kommunikation unter den Flüchtlingen verschiedener Herkunftsländer." Und nicht jeder Flüchtling sei des Hocharabischen mächtig. So stellt sich den sprachlernwilligen Mitarbeitern also auch die Frage, welche Variation des Arabischen sie lernen möchten.

In manchen Fällen kommen auch die Flüchtlingsdienste nicht umhin, sich an professionelle Dolmetscher zu wenden, etwa bei schwerwiegenden medizinischen Problemen, bei denen die Diagnose eines Arztes exakt übersetzt werden soll. "Deren Einsatz ist allerdings nicht günstig. Wir versuchen dann, die Kosten durch Spenden zu finanzieren", sagt Ghorbani. "Daher greifen wir nur in Ausnahmefällen auf professionelle Dolmetscher zurück."

Bundespolizei und BAMF setzen auf Profis

Bei Bundespolizei und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind diese Fachkräfte hingegen aus dem Arbeitsalltag nicht wegzudenken. "Von der genauen und neutralen mündlichen Übersetzung hängt schließlich der Ausgang des Asylverfahrens ab", sagt BAMF-Sprecherin Edith Avram. Daher kommen professionelle Dolmetscher beispielsweise bei der Antragsannahme und Anhörung zum Einsatz. "Bei der Erstregistrierung wird die Sprache und der Dialekt abgefragt. Für das weitere Verfahren wird ein entsprechender Dolmetscher geladen."

Auch bei den Vernehmungen der Flüchtlinge durch die Bundespolizei sei grundsätzlich ein sicherheitsüberprüfter Dolmetscher anwesend, sagt ein Sprecher der Behörde. Beim ersten Kontakt, etwa am Bahnhof oder an der Grenze, überprüfen die Beamten jedoch zunächst, ob eine Kommunikation auf Englisch oder Deutsch möglich ist. Sei dies nicht der Fall, erfolge die Verständigung zunächst durch Gestik und Mimik.

Um die Kontaktaufnahme zu erleichtern, stehe den Bediensteten der Bundespolizei aber auch die Möglichkeit offen, Fremdsprachenlehrgänge beim Bundessprachenamt zu besuchen. Dort werden neben Hocharabisch auch die fünf wichtigsten Varianten des gesamten Sprachraums von Marrakesch bis Maskat angeboten: Maghrebinisch, Ägyptisch, Großsyrisch, Mesopotamisch und Golf-Arabisch. Allerdings sind die Lehrgangskapazitäten für die Bundespolizei beschränkt. Denn auch andere Behörden melden Bedarf an.

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