Üben fürs Vorstellungsgespräch:Bewerbungsgespräch beim Avatar

Üben fürs Vorstellungsgespräch: Die Personalchefin Frau Wagner ist ein Avatar, der registriert, wie sich ein Bewerber verhält.

Die Personalchefin Frau Wagner ist ein Avatar, der registriert, wie sich ein Bewerber verhält.

(Foto: dfki)
  • Vorstellungsgespräche stellen für die meisten Menschen eine Stresssituation dar.
  • An der Uni Saarbrücken wird ein Computerprogramm entwickelt, mit dem Bewerber die Gespräche mit einem Avatar trainieren können.

Von Ann-Kathrin Hipp

Zitternde Stimme, verlegenes Lächeln, nervöses Zappeln. Für viele Bewerber ist das Vorstellungsgespräch eine Zerreißprobe. Weglaufen können sie in dieser Situation nicht, sie vorher durchspielen allerdings durchaus.

An der Universität Saarbrücken haben Psychologen und Informatiker ein Programm für Jugendliche entwickelt, mit dem sie Bewerbungsgespräche interaktiv trainieren können. Der Personalchef ist dabei ein Avatar, also ein virtueller Mensch. Er kann je nach Einstellung männlich oder weiblich sein, dominant oder unterstützend.

In drei Phasen trainiert der Bewerber Kommunikation

Frau Wagner ist ein solcher Avatar. Wie einem etwas ungelenken Computerspiel entsprungen, sitzt sie hinter ihrem Schreibtisch, vor sich ein Notebook, eine Kaffeetasse, ein Zettel und ein Stift. Sie trägt eine weiße Bluse und Jeans und schaut ihr Gegenüber mit tiefblauen Augen freundlich an.

In drei Phasen soll der Bewerber nun mit ihr vor allem die nonverbale Kommunikation trainieren - zunächst das Kennenlernen, dann die Vorstellung der Firma und zuletzt ein Gespräch über Stärken und Schwächen.

Wichtig ist dabei nicht etwa, was der Bewerber sagt, sondern wie er es sagt. Hat er ein Lächeln auf den Lippen? Stellt er Augenkontakt her? Hält er sich gerade oder krumm? All das zeichnet eine Kamera auf. Und der Avatar reagiert darauf, stellt Fragen und gibt dem Bewerber am Ende ein Feedback - ganz wie in einem realen Bewerbungsgespräch.

Auch die Simulation bringt ins Schwitzen

"Tardis" ist der Name des europäischen Projekts, das Patrick Gebhard, Leiter der Affective Computing Gruppe am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, gemeinsam mit dem Psychologen Cornelius König von der Universität Saarbrücken und anderen entwickelt hat. Es soll vor allem solche Jugendliche auf Bewerbungsgespräche vorbereiten, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in einer beruflichen Ausbildung befinden.

In Frankreich kam das Programm bereits zum Einsatz. Und es zeigte sich: Auch bei einer Computersimulation kommen die Bewerber ins Schwitzen. "Das Ganze ist emotional belastend, und genau das ist der Vorteil gegenüber Bewerbungsbüchern und Ratgebern", sagt Gebhard.

Drei Jahre lang hat er an "Tardis" gearbeitet. Nun soll mit Fördergeldern des Bundesforschungsministeriums ein Nachfolgemodell konzipiert werden, dass für Menschen jeden Alters ausgelegt ist. "Unser Ziel ist es, das neue System emphatisch zu gestalten", sagt Gebhard. Während Tardis ein aufgesetztes Lächeln wahrnimmt, soll EmpaT durch die Analyse kleinster Indikatoren die Emotionen dahinter erkennen. Das Programm soll Nervosität oder Angst identifizieren, der Avatar sich der Stimmung seines Gegenübers anpassen.

Der Avatar hält Emotionen raus - weil er keine hat

Wann die ersten Bewerber außerhalb von Tests mit dem Avatar trainieren werden, ist noch unklar. "Durch die Studie müssen wir erst mal den Mehrwert zeigen. Dann braucht es Weiterentwicklungen und natürlich Ressourcen", erklärt Gebhard.

Von einem Mehrwert geht er allerdings bereits aus: "Der Vorteil des Avatars ist, dass er Expertenwissen von vielen vereint - und eigene Emotionen raushält, weil er keine hat." Diese Stärke zeigt gleichzeitig die Grenzen des Computermenschen auf. "Er kann ein fokussierter Trainingsbegleiter sein", sagt Gebhard, "aber er wird niemals zu einem Smalltalk-Partner werden."

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