Kurzkritk:Zum Weinen schön

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Akkordeonist Klaus Paier und Cellistin Asja Valcic in der Unterfahrt

Von Oliver Hochkeppel, München

Nur vier, sehr luftig bis zum 12. November verstreute Konzert-Termine hat die soeben gestartete Unterfahrt-Reihe "From Bach to Piazzolla" mit Projekten zwischen Klassik und Jazz . Aber man darf sich das durchaus als Open-End-Geschichte vorstellen. Einmal, weil solche Crossover-Sachen gerade ohnehin im Schwange sind, zum anderen, weil inzwischen fast alle jungen Jazzer klassisch ausgebildet sind, und sich schon deshalb die Klassik breitbandig in den Jazz geschmuggelt hat. Trotzdem war der Auftakt mit dem Wiener Duo Klaus Paier & Asja Valcic etwas Besonderes. Denn der Akkordeonist Klaus Paier und die Cellistin Asja Valcic kommen nicht nur aus der Klassik und sind ihr auch noch immer verbunden, sie haben auf dem Weg in die Improvisation jeder für sich und erst recht zusammen einen völlig eigenen Stil erfunden, eine universale Kammermusik, zu der "uns alle Vergleiche fehlen", wie die FAZ einmal schrieb.

Bei Paier beginnt das damit, dass er jahrelang eine eigene Spieltechnik entwickelt hat und sich dafür sogar eigene Instrumente bauen ließ. So ist sein Ton nun unvergleichlich klar, und noch im feinsten Pianissimo oder in den höchsten Tonlagen ist kein sonst so Akkordeon-typisches Schnaufen zu vernehmen. Auch als Komponist hat Paier einen eigenen Weg gefunden, wie Stücke wie "Dramatique" oder "Silk Road" wieder eindrucksvoll bewiesen: Kraftvolle, alles vom melodramatischen Wiener Schmelz über Blues und Tango bis zur rabiaten Rhythmusattacke auslotende Mini-Sinfonien sind das.

Es ist also ziemlich ungerecht, dass man sich im Konzert unweigerlich auf Asja Valcic konzentriert. Das mag daran liegen, dass Paier auch als Solitär in einer Traditionslinie von Richard Galliano bis Vincent Peirani steht, es ein vergleichbares Cello im Jazz aber nicht gibt. Klassische Präzision und Finesse paart sich bei Valcic mit unglaublicher Wucht und überwältigender Dynamik. Und auch Loslassen und frei zu spielen hat Valcic inzwischen - wohl vor allem im Trio mit Iiro Rantala und Adam Baldych - gelernt. Da hält es einen sowohl bei Bearbeitungen von Bach bis Strawinski wie bei ihren eigenen jazzigeren Stücken kaum mehr auf dem Stuhl. Und wenn zwei solche Erzmusikanten dann Piazzollas "Oblivion" spielen, dann wird es zum Weinen schön.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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