Raumnot wächst rasant:Geretsried plant riesiges Wohnprogramm

Die Stadt sucht nach freien Flächen - auch, weil viele Flüchtlinge laut Bürgermeister Michael Müller auf Dauer bleiben werden. Im Gespräch sind 1000 Wohnungen.

Von Matthias Köpf, Geretsried

Die Stadt Geretsried bereitet sich darauf vor, in den kommenden Monaten und Jahren im großen Stil neuen Wohnraum zu schaffen. Mitglieder verschiedener Fraktionen betonten in der Stadtratssitzung am Dienstagabend die Bedeutung und das Ausmaß der Aufgabe, vor die sich die Stadt vor allem durch den anhaltenden Zuzug von Flüchtlingen gestellt sieht. Auf absehbare Zeit müssten in Geretsried mindestens 800 bis 1000 neue Wohnungen gebaut werden, warnte Lorenz Weidinger (Feire Wähler). Nach Angaben von Bürgermeister Michael Müller (CSU) lässt die Stadt bei der laufenden Neufassung ihres Flächennutzungsplans schon jetzt nach geeigneten neuen Baugründen suchen.

Die Frage ist: Wie die Entwicklung steuern?

Als Herausforderung sehen der Bürgermeister und die Stadträte dabei nicht nur den wachsenden Bedarf an Wohnungen an, sondern auch die Frage, wie die Stadt die Entwicklung überhaupt noch steuern kann. Denn entzündet hat sich de Debatte an neuen Prognosen aus dem Landratsamt zur Entwicklung der Flüchtlingszahlen im Landkreis. Nach Müllers Angaben sei bis Ende des kommenden Jahres wohl mit bis zu 5000 Flüchtlingen im Landkreis zu rechnen. Dem kreisinternen Verteilungsschlüssel zufolge, den der Stadtrat am Dienstag einstimmig akzeptiert hat, müsste Geretsried ein knappes Fünftel dieser Asylbewerber, also fast 1000 Menschen aufnehmen. Derzeit leben laut Müller etwa 130 Flüchtlinge in der Stadt, Unterkünfte für 500 weitere sind in Planung.

Weicht Trennung von Wohnen und Gewerbe auf?

Dass sich der Bauausschuss dabei zuletzt genötigt sah, eine Unterkunft im Gewerbegebiet zu billigen, um nicht vom Landratsamt überstimmt zu werden, erfüllte die Räte mit Sorge. Viele Redner stellten sich im konkreten Fall hinter die Pläne und betonten zugleich, dass solche Ausnahmen nicht die Unternehmen beeinträchtigen, die Planungshoheit der Stadt aushebeln und die über die Jahre erreichte Trennung von Wohnen und Gewerbe aufweichen dürfe. Während Weidinger den Übergangs-Charakter von Unterkünften im Gewerbegebiet betonte, nannte Walter Büttner (SPD) dies blauäugig. Wenn auch in einigen Jahren noch Flüchtlinge untergebracht werden müssten, dann werde das Gesetz eben wieder angepasst und die Unterkünfte auf Dauer ermöglicht, warnte er. Dagegen könne sich die Stadt nur wehren, wenn sie selbst aktiv werde, und dies schon in den kommenden Monaten.

Die Baugenossenschaft, in deren Gremien Büttner sitzt, werde ihren Beitrag leisten, "aber wir brauchen Flächen", und zwar zu einem niedrigen Preis. Gerhard Meinl (CSU) betonte, dass der soziale Wohnungsbau dann einen Aufschwung nehmen werde, wenn damit Erträge zu erzielen seien.

"Machen, machen, machen"

Der Bürgermeister lässt nach eigenen Angaben bereits vom Planungsverband nach geeigneten Flächen suchen. Er verweist auf die Herkunftsländer der meisten Flüchtlinge in Geretsried. Menschen aus Afghanistan, Syrien, Irak und Eritrea würden zu etwa 40 Prozent auf Dauer geduldet, also im Land und wohl auch in der Stadt bleiben und zu einem gewissen Teil Familienangehörige nachholen. Ihre Integration nannte Müller eine kommunale Aufgabe, zu der auch das Schaffen von Wohnungen gehöre. Aus Sicht von Robert Lug sind alle Flüchtlingsprognosen ohnehin Kaffeesatzleserei. "Da kann unsere Losung nur sein: Machen, machen, machen."

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