Symptome der Zöliakie:Wenn Gluten den Dünndarm zerstört

Sie gilt als Chamäleon unter den Darmkrankheiten. Die Zöliakie kann sich durch Verdauungsstörungen aber auch ganz andere Symptome äußern. Wie Sie die Erkrankung erkennen.

Von Katrin Neubauer

Brot, Brötchen, Kuchen, Schokoriegel, Pasta - kaum ein Tag vergeht ohne Getreideprodukte. Nicht so für Menschen mit Zöliakie. Sie müssen aufpassen, dass in ihrer Nahrung kein Gluten steckt. Das Klebereiweiß ist in Weizen, Roggen, Dinkel, Gerste, teilweise Hafer und Grünkern enthalten. Bei Zöliakie bildet der Körper Antikörper gegen Gluten. Diese schädigen den Dünndarm, unter Umständen kann das Organ dann nicht mehr ausreichend Nährstoffe aufnehmen.

"Screeninguntersuchungen in verschiedenen Ländern Europas ergaben, dass zirka ein Prozent der Bevölkerung von der Erkrankung betroffen ist", sagt Michael Schumann von der Klinik für Gastroenterologie, Rheumatologie und Infektiologie der Charité Berlin. Eine aktuelle Studie an Kindern ergab, dass 0,9 Prozent der Heranwachsenden an einer Zöliakie leiden. Das sind deutlich mehr als bislang in Deutschland diagnostiziert worden. Ein Großteil der Erkankungen scheint also gar nicht erkannt zu werden.

Das liegt vor allem an der häufig sehr unklaren Symptomatik und den unterschiedlichen Verläufen der Zöliakie. Sie wird deshalb auch das "Chamäleon" unter den Darmkrankheiten genannt. "Bei erwachsenen Betroffenen dauert es trotz Beschwerden im Durchschnitt schätzungsweise mehrere Jahre, bis die Erkrankung erkannt wird", so der Experte.

Typische Beschwerden sind Durchfälle, Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Nun hat jeder in seinem Leben - manchmal auch über längere Zeit - Magen-Darm-Beschwerden. Wie unterscheiden sich diese von denen einer Zöliakie? "Chronische Durchfälle mit drei bis sechs Stuhlgängen am Tag, die nicht geformt oder wässrig sind und ein damit verbundener Gewichtsverlust und Nährstoffmangel sollten vorsichtshalber abgeklärt werden", sagt Schumann.

Häufig äußert sich die Zöliakie auch durch eine Eisenmangelanämie. Im Erwachsenenalter kann sie auch Knochenschmerzen, Osteoporose, Menstruationsstörungen, Vitaminmangel, Eiweißmangel-Ödeme oder Depressionen zur Folge haben. Manchmal zeigen sich im Blut erhöhte Leberwerte.

"Mitunter haben Menschen trotz eines geschädigten Dünndarms aber auch gar keine Beschwerden", sagt Schumann. Diese Patienten werden dann allenfalls durch Screening-Untersuchungen oder Zufallsdiagnosen entdeckt.

Auch Milchprodukte werden häufig nicht vertragen

In seltenen Fällen manifestiert sich Zöliakie auf der Haut durch Bläschenbildung mit sehr starkem, brennendem Juckreiz (Dermatitis herpetiformis Duhring, DHD). Die Pusteln und Blasen sind meist über den Körper verteilt an Gesäß, Knien, Unterarmen und an den Ellenbogen. Wenn eine Hautprobe untersucht wird, finden sich Antikörper, sogenannte granuläre IgA-Ablagerungen, die sonst bei keiner anderen Hautkrankheit vorkommen. Die typischen Magen-Darm-Symptome stehen bei diesen Patienten meist nicht im Vordergrund der Beschwerden.

Häufig äußert sich die Erkrankung auch durch eine Unverträglichkeit von Milchprodukten. Die geschädigten Dünndarmzotten können das Enzym Laktase nicht mehr herstellen, das zur Aufspaltung des Milchzuckers nötig ist. Die Laktose gelangt dann unverdaut in den Dickdarm und verursacht Blähungen und Durchfälle. Hat sich der Darm unter glutenfreier Kost erholt, vertragen die meisten Zöliakiepatienten auch Milchprodukte wieder.

Ein erhöhtes Risiko haben Menschen, bei denen Zöliakie (früher auch Sprue genannt) bereits in der Familie auftritt. Die Wahrscheinlichkeit, die Gluten-Unverträglichkeit von Verwandten ersten Grades zu erben, liegt bei 10 bis 15 Prozent. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) empfiehlt diesen Menschen, einen Zöliakie-Test durchführen zulassen.

"Aus den Folgeuntersuchungen, die durch die Erschließung des humanen Genoms möglich wurden, wissen wir, dass an der Entstehung einer Zöliakie bis zu 100 Gene beteiligt sind", sagt Schumann. "Diese Untersuchungen haben auch offenbart, dass es eine enorme genetische Überlappung mit anderen Autoimmunerkrankungen, wie Diabetes Typ I, Rheuma, Multiple Sklerose und die Hashimoto-Thyreoiditis, eine Schilddrüsen-Erkrankung, gibt." Etwa jeder zehnte Diabetiker hat zum Beispiel auch eine Zöliakie.

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