Schweinsteiger bei ManUnited:Ein Typ zum Anlehnen

Manchester United vs VfL Wolfsburg

Bei Manchester hauptsächlich Verteidigungsminister: Bastian Schweinsteiger

(Foto: dpa)
  • Bastian Schweinsteiger spielt bei Manchester United bisher eine unauffällige, aber erfolgreiche Rolle.
  • Am Sonntag kommt es nun zur ersten Begegnung mit dem FC Arsenal von Mesut Özil und Per Mertesacker.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen in England.

Von Sven Haist, London

Bastian Schweinsteiger hielt sich die Hand vor den Mund. Seinen Körper schmiegte er an den Rücken von Dante; den Kopf hatte er auf die Schultern des einstigen Teamkollegen beim FC Bayern gelegt. Dann säuselte Schweinsteiger dem Innenverteidiger des VfL Wolfsburg nach dem Aufeinandertreffen in der Champions League (2:1) ein paar Worte ins Ohr. Von solchen Nettigkeiten bekamen die auf ein Interview wartenden Medienvertreter nichts ab. Statt einer weiteren Runde Flüsterpost zog es der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft vor, sich rar zu machen. Aber auch ohne ein Wort gesprochen zu haben, war Schweinsteigers Botschaft nicht zu überhören: Schweigen, um interessanter zu erscheinen!

Schon seit geraumer Zeit dosiert Bastian Schweinsteiger, 31, seine öffentlichen Aussagen. Sein Trainer Louis van Gaal macht das genauso: mit Schweinsteigers Einsatzzeiten bei Manchester United. An den bisherigen sieben Premier-League-Spieltagen durfte der defensive Mittelfeldspieler 30, 30, 31, 90, 90, 30 und 22 Minuten lang versuchen, sein Team in Balance zu bringen. Seine Pässe haben bis jetzt eine gestaltende, aber keine Spiel entscheidende Funktion. Seine Laufwege führen nicht zu Toren, sondern sichern die Offensivbemühungen seiner Kollegen. Seine Aura auf dem Spielfeld schüchtert nicht den Gegner ein, sondern dient den Mitspielern zum Anlehnen.

Kindliches Streitspiel mit Mourinho

In der Liga hat das dazu gereicht, das Pendel der Vormachtstellung im englischen Fußball zunächst mal wieder nach Manchester ausschlagen zu lassen. Drei Punkte liegt Manchester United vor dem FC Arsenal in der Tabelle. Am Sonntag misst sich der englische Rekordgewinner mit den Gunners im Londoner Stadtteil Islington, was die drei deutschen Weltmeister Schweinsteiger, Per Mertesacker und Mesut Özil zusammen führt. Die Meisterschaften pendelten zuletzt ja fleißig zwischen den Vereinen aus London und Manchester hin und her. Im Nordwesten Englands offenbaren United und City seit ein paar Jahren zwar dieselben Mängel im internationalen Vergleich wie die Hauptstadtklubs Arsenal und Chelsea - aber wenigstens zerfleischen sie sich nicht gegenseitig.

Bei Arsenal hatte es wohl zweier Niederlagen gegen die europäischen Winzlinge Zagreb und Piräus bedurft, damit Arsène Wenger einmal freiwillig bei seinem kindlichen Streitspiel mit Chelseas Trainer José Mourinho aussetzt. Angesprochen auf ein Zitat Mourinhos, wonach Wenger der einzige Trainer der Liga sei, der keinen Druck habe, polterte der 65-jährige Elsässer am Freitag: "Hör' auf mit der Geschichte, oder wir stoppen die Pressekonferenz!"

Arsenal macht beim surrealen Preistreiben nicht mit

Bislang ist es Wenger eher schlecht gelungen, die verbalen Giftspritzen des Portugiesen zu ignorieren. Stattdessen verbrachte er selbst einige Zeit im Labor, um passende Gegenmittel zu finden. Auf dem Gebiet der psychologischen Kriegsführung zeigt sich Wenger - wie Mourinho - gerade deutlich kreativer als auf dem Spielermarkt und dem Fußballfeld. Wenger ist es hoch anzurechnen, dass er beim surrealen Preistreiben für Durchschnittsprofis nicht mitmacht. Aber gibt es - wie Wenger suggeriert - wirklich keinen Spieler in dieser Welt, der dem jetzigen Arsenal sportlich weiter hilft und bezahlbar ist?

Seine Mannschaft besitzt hinsichtlich Personal und Grundordnung noch immer den Algorithmus der Vorjahre. Selbst das Vorzeigeprodukt Arsenals, die vielschichtigen Angriffsmuster, sind nicht mehr farbig, sondern schwarz-weiß. Die Gunners schießen mit den erzielten Toren keine Siege mehr heraus, sondern gleichen ihre defensiven Fehler aus, vorrangig nach Standardsituationen und Kontern. Am Trainingsgelände in London Colney herrscht die Mentalität: Wir halten besser den Ball, wir spielen schöner Fußball, wir können den Gegner schlagen. Die tiefgreifende Analyse war sowieso noch nie das Metier von Wenger.

Probleme in der Champions League

Das drohende Aus in der Gruppenphase der Champions League verlagert nun die hohe Erwartungshaltung der Fans ausschließlich auf das Abschneiden in der Premier League. Das jährliche Rendezvous mit Manchester United entscheidet in der frühen Phase der Saison, ob nach Chelsea auch der andere große Londoner Klub von der Spitzengruppe zunächst einmal abgehängt wird.

Angesichts der sportlichen Tristesse geht fast unter, dass Arsène Wenger am vergangenen Donnerstag seinen 19. Geburtstag als Trainer Arsenals gefeiert hat. Als Gratulant wird nun nachträglich van Gaal erscheinen. Der macht bekanntlich gerne Party und müsste auch nicht aufräumen, wenn es bei Arsenal nach dem Spiel noch schlimmer aussieht als zuvor.

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