Bayern:Rundfunk-Pionier

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Landtagskommentator Bernhard Ücker ist tot

Von Hans Kratzer

In den 60er und 70er Jahren waren seine Kommentare die meistgehörten Beiträge des Hörfunks. Jetzt ist Bernhard Ücker, Rundfunk-Pionier und langjähriger Landtagskorrespondent des Bayerischen Rundfunks, im Alter von 94 Jahren gestorben. Ücker war 1945 nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft einer der ersten Reporter von Radio München, dem Sender der US-Militärregierung und Vorläufer des Bayerischen Rundfunks. Zur Institution wurde der gebürtige Münchner durch seine landespolitischen Kommentare. 35 Jahre lang, von 1953 bis 1988, sprach er immer samstags nach den 13-Uhr-Nachrichten seine zehnminütigen Beiträge. Die mehr als 1100 Ücker-Kommentare sind im Institut für Zeitgeschichte in München archiviert.

Ücker hatte als Zeitzeuge die denkwürdige erste Sitzung des Nachkriegs-Landtags in der bitterkalten Aula des Münchner Universität am 21. Dezember 1946 live verfolgt. Ücker war ebenfalls als Reporter dabei, als die Mehrheit im Landtag im Mai 1949 das Grundgesetz ablehnte. 1957 war er Mitbegründer des Vereins Bayerische Landtagspresse.

Es war immer ein Erlebnis, wenn Ücker über die Anfänge im Landtag nach 1945 erzählt hat. Damals, als das Leben noch voller Tragik, Komik und primitiver Umstände verlief. Der Landtag zog von einem Sitzungslokal zum nächsten. Meistens konnten die Abgeordneten und Journalisten nur auf ein einziges Telefon zurückgreifen, was oft in ein Gerangel mündete. Ücker beteiligte sich daran selten, denn er besaß bereits ein Motorrad, und Benzingutscheine hatte er auch. So fuhr er seine stenografierten Berichte auf den leeren Straßen ins Münchner Funkhaus. Es herrschte Tristesse, jeden quälte der Hunger. Ücker fotografierte einmal seine Tagesration. "Das war erschütternd, mit der Briefwaage musste ich das wiegen", erzählte er. Auch der Papiermangel war eklatant, die Journalisten kritzelten auf schäbige Zettel, wer einen Bleistiftstummel besaß, war bereits privilegiert, Bleistifte und Kugelschreiber gab es nicht. "Abgeordneter zu sein oder auch Regierungsmitglied war nicht verlockend", sagte Ücker.

Zuletzt leitete Ücker von 1971 bis 1986 die BR-Abteilung Korrespondenten in Bayern. Auch als Autor zahlreicher Bücher wurde Ücker bekannt, unter anderem verfasste er das populäre Werk "Wie Bayern unter die Pickelhaube kam". Darin schilderte er die Reichsgründung 1870/71 und die Konsequenzen für Bayern. Er war Träger des Bayerischen Verdienstordens, Inhaber der Bayerischen Verfassungsmedaille in Gold und wurde unter anderem mit dem Bayerischen Poetentaler und dem Oberbayerischen Kulturpreis ausgezeichnet.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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