Trainer der Top-Partie:Blicke der Bewunderung

Bayern München - Borussia Dortmund

Freundlicher Auftakt: Pep Guardiola (links) begrüßt Thomas Tuchel.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

"Wir sind sehr zufrieden, dass wir gegen eine der besten Mannschaften Europas gewonnen haben": Guardiola und Tuchel loben einander.

Von Benedikt Warmbrunn

Zwölf Flaschen standen gut beleuchtet auf dem Podium im Medien- zentrum der Arena, sie hatten das Potenzial, die Hauptdarsteller des restlichen Abends zu werden. Wunderbare Mittelfeldrauten hätte man mit ihnen bilden können, man hätte aus einer Dreierkette eine Viererkette machen können, sogar die Abstände zwischen den vier Verteidigern hätte man abbilden können. Vielleicht hätte man mit den zwölf Flaschen auch die unergründlichen Laufwege von Thomas Müller nachzeichnen können. Ganz vielleicht zumindest. Aber niemand rührte die Flaschen an.

Seinen Zauber hatte das Aufeinandertreffen zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund im Vorfeld ja auch daraus gewonnen, dass erstmals seit eineinhalb Jahren wieder Pep Guardiola und Thomas Tuchel aufeinandertrafen. Zwei Männer, die sich stundenlang in den Tiefen eines Fußballspiels verlieren können. Zwei Männer, die sich wegen dieser Besessenheit schätzen. In der vergangenen Saison, in der Tuchel ohne Trainerjob versuchte, der Wahrheit des Spiels näherzukommen, saßen sie sogar in einer Münchner Bar zusammen und stellten Spielzüge längst vergangener Partien nach. Mit Salz und Pfeffer.

Nun aber, nach dem 5:1 des FC Bayern am Sonntag, ignorierten Guardiola und Tuchel die Flaschen vor sich. Sie stellten nicht einmal nach, wie ein langer Ball zu verteidigen ist. Dem Publikum haben sie die ganze Besessenheit für die Feinheiten dann doch vorenthalten. Aber auch ohne Hilfsmittel war offensichtlich: Da saßen zwei Trainer, die sich auch nach diesem 5:1 weiter füreinander begeistern.

"Glückwunsch erstmal zum verdienten Sieg", sagte Tuchel, weiter lobte er Guardiola zunächst nicht. Stattdessen listete er penibel die Fehler seiner Mannschaft auf - Fehler, die er ungern noch einmal mit Flaschen nachzeichnen wollte. "Wir haben gegen alle Verteidigungsprinzipien verteidigt", bei den langen Bälle vor dem ersten und dem dritten Gegentor, aber auch vor dem zweiten, "da fehlt ein Anker". Seine Mannschaft hätte auf "dem höchsten Niveau" spielen müssen - "aber wir haben nicht auf unserem höchsten Niveau gespielt". Guardiola blickte ihn bewundernd für diese ehrliche Analyse an. Dann lobte Tuchel noch "Gier, Bescheidenheit, Lust, Schärfe" des FC Bayern unter Guardiola, der den Verein "wieder einmal auf das höchste Niveau" gehoben habe.

Tuchel hört Guardiola zu wie ein Student dem Professor

Guardiola wiederum bemängelte zunächst, dass sein Team am Anfang zu viele einfache Bälle verloren habe. Das erste Tor, sagte er, "haben wir gefunden". Dann setzte er an zu einer Hymne über das Borussia Dortmund unter Tuchel. Dieser hörte gespannt zu, wie ein Student vor dem Professor, den Zeigefinger ans Kinn gelegt.

"Wir sind sehr zufrieden, dass wir gegen eine der besten Mannschaften Europas gewonnen haben", sagte Guardiola. Und: "Ich habe es genossen, vier Tage lang die Spielweise von Borussia Dortmund zu analysieren. Wir wussten: Wenn wir den BVB spielen lassen, sind wir kaputt." Und, mit Blick auf den Vorsprung: "Dortmund hat nicht für sieben Punkte Abstand gespielt."

Weil es aber dennoch schon sieben Punkte sind - mehr als je zuvor zu diesem Zeitpunkt der Saison -, kam auch noch die Frage, ob der FC Bayern zu stoppen sei.

"Was soll ich sagen, Pep?", fragte Tuchel höflich.

Antwort: "Sie haben dich gefragt."

Also rief Tuchel: "Nein, natürlich nicht!"

Für die Liga mag dieser Vorsprung eine schlechte Nachricht sein, es droht eine Saison der Langeweile. Guardiola und Tuchel werden weiter nach Details fahnden. Und sei es nur, um ein Detail zu finden, das dem anderen dann mit Salz und Pfeffer erklärt werden muss.

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