Baseball:Bitterer Beigeschmack

Ivan Rodriguez hält an seiner Rolle als Baseball-Missionar in Deutschland fest - obwohl der Trainer mit den Regensburg Legionären die Finalserie um die deutsche Meisterschaft nach einer 2:0-Führung gegen Heidenheim noch verloren hat.

Von Christoph Leischwitz

In vielerlei Hinsicht ist eigentlich genau das eingetreten, was Ivan Rodriguez wollte. Vier von fünf Spielen dieser Baseball-Finalserie der Regensburg Legionäre gegen die Heidenheim Heideköpfe waren richtig spannend gewesen, sie hatten die Nerven aller Beteiligten getestet. Heidenheim war sich auch nicht zu schade, für das fünfte und entscheidende Spiel den ehemaligen deutschen Nationalspieler Luke Sommer aus den USA einzufliegen. Letztlich flog er über den Atlantik, um als Einwechselspieler weniger als drei Innings auf dem Werferhügel zu stehen.

Rodriguez freut so etwas. Seitdem der Venezolaner als Cheftrainer der Regensburg Legionäre arbeitet, betont er immer wieder: Es gehe darum, "den deutschen Baseball insgesamt besser zu machen". Dazu brauche man enge Spiele auf höchstem Niveau, in denen man wirklich gefordert werde. Und man brauche erfahrene Spieler, um dieses Niveau anzuheben.

Es ist nur so: Wenn die eigene Mannschaft nach einer 2:0-Führung die deutsche Meisterschaft noch mit 2:3 abgibt, weil der Gegner immer stärker wird - da kann der Idealismus für kurze Zeit verloren gehen. Als sich im neunten Inning des entscheidenden Spiels, vor 2500 Zuschauern im eigenen Stadion, die endgültige Wende abzeichnete, war Rodriguez nicht wiederzuerkennen.

Die Szene, die die Meisterschaft entscheidet: Heidenheims Sascha Lutz, Bruder des ersten deutschen Major-League-Profis Donald Lutz, rennt nach einem Schlag in die Mitte des Feldes beim Stand von 7:7 los in Richtung home plate. Würde er sie rechtzeitig erreichen, würde Heidenheim 8:7 in Führung gehen. Der Ball rauscht heran, gleichzeitig wirft sich Lutz im vollen Lauf mit dem Kopf voraus auf den Boden. Seine Hand sucht im Rutschen nach der Platte, der Handschuh des Regensburger Catchers Christopher Howard sucht nach Lutz. Sand spritzt auf - und so ist später selbst in Videoaufnahmen nicht hundertprozentig erkennbar, ob es Berührungen gab. Der Schiedsrichter jedenfalls breitet die Arme aus - das Zeichen, dass der Läufer safe ist, Lutz macht den Punkt.

Wenige Sekunden später steht Rodriguez neben dem Unparteiischen, es entwickelt sich eine gestenreiche Diskussion. Wiederum eine Minute später muss der Trainer vom Platz, beim Gang in die Kabine wirft er wutentbrannt seine Mütze gegen die Bande.

Seine nächste Forderung: bessere Schiedsrichter

Obwohl Rodriguez zwei Tage später wieder zu alter Ruhe gefunden hat, bereut er seinen Ausraster nicht: "Ich habe niemanden beleidigt." Und er wähnt sich weiterhin im Recht. Es gehe ihm auch in dieser Angelegenheit um die Frage der Professionalisierung des Baseballsports. Er führt die vermeintliche Fehlentscheidung auf die mangelnde Erfahrung der deutschen Schiedsrichter zurück. "Er hat es bestimmt nicht mit Absicht gemacht. Aber aufgrund seiner Position hatte er einen schlechten Blick. Die Schiedsrichter in Deutschland sollten besser ausgebildet werden."

Doch die favorisierten Regensburger - in der Hauptrunde der Saison hatten sie drei von vier Partien gegen Heidenheim gewonnen - hatten die Serie schon zuvor aus der Hand gegeben. Nach zwei denkbar knappen Siegen im eigenen Stadion hatte das Team die beiden Partien in Heidenheim verloren, Spiel Nummer vier unerwartet deutlich 2:12. Wegen des großen Vorsprungs war die Partie sogar vorzeitig beendet worden - eine kleine Demütigung.

Spiel vier, gibt Rodriguez zu, "hat Spuren in den Köpfen hinterlassen" - und womöglich auch den Ausgang des fünften Spiels entschieden. Der Trainer denkt dabei vor allem an die jungen Spieler aus dem eigenen Internat, die bei den fünf Titeln zwischen 2008 und 2013 noch nicht dabei gewesen waren.

Die Erfahrung der Heidenheimer Spieler habe den Ausschlag gegeben, glaubt Rodriguez - und damit hatte er seinen Idealismus wiedergefunden. Er persönlich spüre zwar einen bitteren Beigeschmack, aber: "Es war eine der besten Serien gewesen, die ich bisher in Europa gesehen habe." Es geht also aufwärts mit dem deutschen Baseball.

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