Syrien-Konflikt:Nato sieht "beachtlichen" russischen Militäraufmarsch in Syrien

  • Die Nato beobachtet einen "beachtlichen" russischen Militäraufmarsch in Syrien.
  • Sie wirft Moskau zudem vor, zweimal absichtlich türkischen Luftraum verletzt zu haben.
  • Die russische Regierung sagt dagegen, der Einsatz von Bodentruppen in Syrien sei nicht vorgesehen. Allenfalls könnten "Freiwillige" dort kämpfen.
  • Die Luftraumverletzung erklärt Moskau mit "schlechten Wetterverhältnissen" in der Region.

Nato: Russland verstärkt Präsenz in Syrien

Im Syrien-Konflikt verschärft sich der Ton zwischen der Nato und Russland. Die Nato beobachte einen "beachtlichen" russischen Militäraufmarsch in Syrien, sagte Stoltenberg. Dies gelte für die Luftwaffe und die Flugabwehr, aber auch die Bodentruppen am russischen Luftwaffenstützpunkt in Syrien. Auch die russische Marine sei verstärkt präsent in der Region.

Die Nato geht zudem davon aus, dass Russland am Wochenende bewusst den türkischen Luftraum verletzt hat. "Für uns sah das nicht wie ein Versehen aus", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Es habe zwei Vorfälle gegeben und beide hätten länger als ein paar Sekunden gedauer. Zudem habe Moskau keine "wirkliche Erklärung" für die zwei Luftraumverletzungen gegeben.

Er wolle nicht über die Motive spekulieren, warne aber vor einer Wiederholung, sagte Stoltenberg. Der türkische Luftraum sei gleichzeitig Nato-Luftraum, betonte er in Anspielung auf die türkische Bündniszugehörigkeit. Berichte, wonach ein russisches Kampfflugzeug im türkischen Luftraum sogar sein Radar zur Zielerfassung nutzte, wollte Stoltenberg nicht kommentieren.

Nach Angaben der Nato und der Türkei flogen am Samstag und am Sonntag russische Kampfjets vom Typ Su-30 und Jagdbomber vom Typ Su-24 an der Grenze zu Syrien über türkisches Gebiet.

Die Türkei bestellte nach der zweiten mutmaßlichen Luftraumverletzung erneut den russischen Botschafter ein.

Russland schließt Einsatz von Bodentruppen aus

Moskau zufolge ist an den Vorwürfen der Nato nichts dran. So bestreitet die russische Regierung, ein weitergehendes Engagement in Syrien zu planen. Der Einsatz von Bodentruppen sei nicht vorgesehen, bekräftigte Regierungssprecher Dmitrij Peskow in Moskau.

Allerdings schließt der Kreml nicht aus, dass russische "Freiwillige" auf der Seite des umstrittenen syrischen Machthabers Baschar al-Assad kämpfen könnten. Russland werde solche Gruppen aber nicht unterstützen, sagte Peskow. Freiwilligenverbände gebe es überall auf der Welt, und sie handelten eigenständig.

Das klingt so, als könne hier womöglich eine ähnliche Situation wie in der Ostukraine entstehen. Westliche Staaten sind überzeugt, dass Russland die dortigen Separatisten nicht nur mit Material, sondern auch mit Soldaten unterstützt. Auch Organisationen wie die russischen Soldatenmütter unterstützen diese Sichtweise. Moskau betont hingegen stets, dass nur russische Freiwillige in der Ostukraine kämpften.

Was die Verletzung türkischen Luftraums angeht, bestätigte das russische Verteidigungsministerium das kurzzeitige Eindringen eines Kampfflugzeugs in türkischen Luftraum am Samstag: Es habe jedoch nur "einige Sekunden" gedauert und sei aufgrund "schlechter Wetterverhältnisse" geschehen, sagte ein Sprecher. Der Vorwurf einer zweiten Grenzverletzung am Sonntag werde noch untersucht.

Die russische Luftwaffe fliegt seit vergangene Woche Luftangriffe, um die Armee von Syriens Machthaber Baschar al-Assad "im Kampf gegen Terroristen sowie radikale Organisationen" zu unterstützen. Die USA und andere westliche Staaten werfen Russland vor, nicht nur die Extremistenmiliz Islamischer Staat zu bekämpfen, sondern auch andere Aufständische.

Russland dementiert Bombardement auf Palmyra

Das Verteidigungsministerium in Moskau dementierte Berichte, wonach Russische Kampfflugzeuge am Dienstag erstmals Stellungen des Islamischen Staates (IS) in und um die syrische Wüstenstadt Palmyra angegriffen haben sollen. Das hatte zuvor die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf das syrische Fernsehen gemeldet. Die Angriffe seien "in Koordination mit der syrischen Luftwaffe" erfolgt, hieß es angeblich im syrischen Fernsehen unter Berufung auf Militärkreise. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, bei Palmyra seien drei Munitionslager und 20 gepanzerte Fahrzeuge der Extremisten zerstört worden.

Die zentralsyrische Ruinenstadt gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Die IS-Extremisten hatten die nahe den antiken Stätten von Palmyra gelegene Stadt Tadmor Ende Mai erobert. Sie zerstörten in Palmyra mehrere antike Stätten. Zuletzt sprengten sie einen einzigartigen Triumphbogen aus römischer Zeit. Auch die bedeutenden Tempel Baal und Baal Schamin legten sie in Schutt und Asche.

Russische Kampfjets sollen zudem IS-Stellungen im Norden Syriens nahe Aleppo bombardiert haben sowie die IS-Hochburg Al-Rakka. Menschenrechtsbeobachter und andere Aktivisten berichteten zudem von neuen Luftangriffen auf die Provinz Idlib, die von verschiedenen Rebellen kontrolliert wird, die den IS bekämpfen. Bei etwa 40 Angriffen seit dem Vortag seien in Syrien 19 IS-Kämpfer ums Leben gekommen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

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