Datenschutz:Historisches Urteil

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Niederlage für Facebook und andere US-Firmen: Der Europäische Gerichtshof rügt die Speicherung von Nutzerdaten in den USA, wo Behörden leichter Zugriff haben.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Persönliche Daten europäischer Bürger dürfen künftig nur dann in den USA gespeichert und verarbeitet werden, wenn dort europäische Datenschutzstandards eingehalten werden. In einem historischen Grundsatzurteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen aus dem Jahr 2000 - bisher Grundlage des transatlantischen Datenaustauschs - für ungültig erklärt. Weil die dortigen Unternehmen nach US-Recht den Geheimdiensten massenhaft Zugriff auf personenbezogene Informationen gewährten, seien die USA eben kein "sicherer Hafen" für europäische Daten. Zudem existiere dort nur eine unzureichende behördliche Kontrolle und keinerlei Rechtsschutzmöglichkeit für betroffene Nutzer.

Geklagt hatte der österreichische Jurastudent Max Schrems. Er wandte sich gegen eine Verarbeitung seiner Daten auf den US-Servern des Online-Netzwerks Facebook, weil nach den Enthüllungen von Edward Snowden deutlich geworden sei, dass in den USA kein ausreichender Schutz persönlicher Informationen gewährleistet sei.

Laut EuGH - zuständiger Berichterstatter war der deutsche Richter Thomas von Danwitz - ist Voraussetzung eines Datentransfers, dass in den USA ein dem EU-Niveau "gleichwertiger" Datenschutz gewährleistet sei. Das Safe-Harbor-Abkommen habe dies nicht garantiert. Denn der Zugriff der US-Behörden auf dort gespeicherte Daten sei nicht auf das beschränkt gewesen, "was zum Schutz der nationalen Sicherheit absolut notwendig und verhältnismäßig war". Das Gericht hat sich für künftige Datenschutzabkommen eine "strikte Kontrolle" vorbehalten.

Ob als Konsequenz aus dem Urteil der Datentransfer von europäischen Unternehmen zu ihren amerikanischen Partnern unterbrochen werden muss, ist noch unklar. Laut EuGH ist es nun Sache der Datenschutzbehörden, über weitere Schritte zu entscheiden. Das Urteil sei eine erhebliche Stärkung dieser Behörden, sagte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff. Die europäischen wie auch die deutschen Datenschützer treffen sich noch in dieser Woche, um sich nach Möglichkeit auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar - zuständig für Facebook Deutschland - hält die Kritik des Gerichts am unzureichenden US-Datenschutz für so fundamental, dass auch ein Stopp des Datenflusses in Betracht komme. Der Europa-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne), Verhandlungsführer für die Datenschutzreform, forderte, den Transfer zu unterbinden. Derweil setzt die Wirtschaft auf eine politische Lösung bei den laufenden Verhandlungen zwischen US-Handelsministerium und EU-Kommission über eine Reform von Safe Harbor. "Die USA sind Europas wichtigster Handelspartner. Ein Abbruch des Datenaustauschs wäre ein Paukenschlag", warnte BDI-Geschäftsführer Markus Kerber.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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