USA-Besuch des Bundespräsidenten:Gauck wirbt um US-Engagement in Europa

  • Bundespräsident Gauck ruft bei einer Rede an der University of Pennsylvania dazu auf, das europäisch-amerikanische Verhältnis besser zu pflegen.
  • Er äußert Sorgen über das sich verschlechternde Amerika-Bild in Deutschland.
  • Trotz stärkeren deutschen Einsatzes in internationalen Krisen sollten die USA ihr Engagement nicht verringern.

Von Constanze von Bullion, Philadelphia

Bei seinem Besuch der Vereinigten Staaten von Amerika hat Bundespräsident Joachim Gauck die transatlantischen Verbündeten aufgefordert, ihre Zusammenarbeit mit Europa zu verstärken. "Sich dauerhaft in Europa und mit Europa zu engagieren, ist und bleibt die beste Investition in Stabilität, die vorstellbar ist - gerade in Zeiten neuer Bedrohungen", sagte Gauck am Dienstag an der University of Pennsylvania. In einer von Kriegen gezeichneten Welt falle auch Deutschland "mehr Verantwortung" für die Durchsetzung freiheitlicher Werte zu. "Sich einzuigeln ist keine Option, ist keine Lösung mehr - nicht für Deutschland, nicht für Europa und auch nicht für Amerika."

Gauck, der zum Auftakt seines dreitägigen USA-Besuchs historische Stätten amerikanischer Verfassungsgeschichte und deutscher Einwanderung besuchte, wird am Mittwoch US-Präsident Barack Obama treffen. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung will der Bundespräsident den Vereinigten Staaten für ihre Hilfe bei der Überwindung zweier Diktaturen und der deutschen Teilung danken. Vor Studenten würdigte er am Dienstag die transatlantische Wertegemeinschaft, die für beide Seiten unverzichtbar sei. Sie sei "kein optionales Bündnis", sondern bleibe "das essenzielle strategische Bündnis unserer Tage" und müsse sorgfältiger gepflegt werden.

Gauck beunruhigt über Amerikabild in Europa

Wer die bewegte gemeinsame Geschichte kenne, so Gauck, wisse, dass es heute "zuweilen geräuschvoll zugeht zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland". Die USA, die im Wechselspiel mit Europa "den Schutz der Menschenwürde und die Freiheit des Einzelnen zum Wesenskern staatlicher Legitimation" erhoben hätten, müssten sich stärker für den Schutz dieser Rechte einsetzen.

Er sei "beunruhigt", wie sich das Amerikabild in Europa verändere. Die Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA beschädigten das Vertrauen der Bundesbürger in die Amerikaner. Viele fragten sich, ob dieser "Angriff auf ihre Privatsphäre" der Terrorabwehr diene - oder ob "die Vereinigten Staaten sich mittlerweile von den gemeinsamen Grundlagen verscheidet" hätten.

Gauck warnte in seiner Rede vor Entfremdung. Mancher Deutsche könne nichts anfangen mit dem US-Waffenrecht, der Todesstrafe oder der "Toleranz gegenüber extremer Armut". Auch "manche militärische Intervention" der USA führe in Deutschland zu Kontroversen. Amerikaner wiederum fragten sich, warum die Deutschen "die militärische Verteidigung der eigenen Freiheit und Souveränität in so hohem Maß von anderen erwarten".

Amerika soll Engagement nicht herunterfahren

Wie schon in seiner Münchner Rede betonte Gauck die gewachsene internationale Verantwortung Deutschlands. "Aber mehr deutsche Verantwortung bei gleichzeitig sinkendem amerikanischen Engagement, das wäre eine Konstellation, die Deutschland - und Europa - auf Dauer nicht guttun würde, den Vereinigten Staaten und der Welt übrigens auch nicht."

Das transatlantische Verhältnis, so der Präsident, müsse "jeden Tag aufs Neue gesichert und verteidigt werden". Europa sei "umzingelt von Krisen", es brauche "beständiges amerikanisches Engagement".

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