Ebersberg:Im Bann der blauen Gitarre

Jazzgitarrist Karl Ratzer aus Wien

In Ebersberg war er noch nie: Karl Ratzer bereichert das Staraufgebot beim Jazzfestival mit seinem International Septet.

(Foto: privat)

Der Wiener Musiker Karl Ratzer spielt beim Jazzfestival Ebersberg im Alten Kino mit einer Riege handverlesener Kollegen. In seinem Programm geht es quer durch alle Rhythmen

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Schon als Bub hat es den Wiener Jazzgitarristen Karl Ratzer zur Musik gezogen. Einem Romakind wird Musikalität wohl einfach mitgegeben, auch ohne familiäre oder schulische Förderung. "Er ist ein Autodidakt, er war ehrgeizig und wollte immer mehr wissen", sagt seine Frau Anna. Heute genießt er weit über die Grenzen Österreichs hinaus Ansehen in der internationalen Jazzszene. Am Samstag, 17. Oktober, wird er sich als einer der Stargäste des Festivals Ebe Jazz 15 im Alten Kino präsentieren; und zwar als Frontman des International Septet, einer Formation handverlesener Musiker. Mit dem Trompeter Peter Tuscher, jüngst in der Turmstube Grafing zu hören, dem Posaunisten Ed Neumeister, dem Saxofonisten Johannes Enders, der beim Festival seinen eigenen Gig haben wird, mit Larry Porter am Piano, Peter Herbert am Bass und Howard Curtis an den Drums. Eine Combo also, die einen feinen, abwechslungsreichen Mix aus originellen Arrangements, Eigenkompositionen und Improvisationskunst verspricht.

Karl Ratzer ist ein Sohn des Künstlers und Holocaust-Überlebenden Karl Stojka. Vom Rockstar der Sechziger in Wien und Vertreter des Austropop in Bands wie "Gipsy Love" führte ihn ein glücklicher Zufall in die USA. Ein Architekturstudent, so berichtet Ratzer, der selbst Musiker war, habe ihn eingeladen, wollte ihn managen. Ratzer ging nach New York, nach Atlanta, acht Jahre lang blieb er, tourte zunächst die Ostküste rauf und runter, spielte in Swing-Bands, wie Anna Ratzer erzählt. Bald galt er in Übersee als Katalysator des Jazzrock. Zurück in New York wurde er ein gesuchter Sideman für Musiker vom Schlage eines Chet Baker, mit dem er auch auf Tournee ging, Art Farmer, Lee Konitz und anderer Größen. Ratzer sog alles auf, was er an musikalischen Ausdruckmöglichkeiten kennenlernte, Rock, Blues, Soul, Funk und Jazz, mit Baker nahm er legendäre Platten auf. "Sein Familiensinn war immer sehr stark", berichtet Anna Ratzer. "Dennoch hat er sich niemals dieser Gipsy-Sache verschrieben, sondern sich dem zeitgenössischem Jazz gewidmet." Dass Schlagzeuger Joe Chambers vor kurzem zu Ratzers 65. Geburtstag nach Wien kam, darüber freut sich der Gitarrist besonders.

1980 kehrt Ratzer nach Österreich zurück, trifft den großen Pianisten Fritz Pauer, der ihn fördert, hat Kontakt zu dem britischen Rocksänger Roger Chapman. Nach und nach verleibt Karl Ratzer seiner Gitarre alles ein, was ihn, den leidenschaftlich Suchenden, bewegt, freut, erschüttert, was seine Musik bereichert und den Kosmos der Klänge ständig erweitert. Musik des Kommerzes wegen schätzt er nicht. Kein Wunder, dass er bald auch als Dozent an Konservatorien und Musikhochschulen tätig wird. Kein Wunder aber auch, dass auf den rasanten Erfolg und die Vielseitigkeit bald eine Phase der Orientierung folgt. Ergebnis dieser Suche: die Gründung des International Septet, das in dieser Besetzung seit Silvester 2012 zusammen spielt, etwa fünf bis sechs Mal im Jahr. "Das ist keine Band fürs große Geld", sagt Karl Ratzer, "aber sie macht mich glücklich." Begonnen hat die Geschichte dieses Septetts mit dem Trompeter Peter Tuscher, den Ratzer als langjährigen engen Freund bezeichnet. Auf dem Programm des Abends im Alten Kino stehen Standards und Eigenkompositionen. "Es geht quer durch die Rhythmen, mit arabischen und südamerikanischen Einflüssen", erklärt Ratzer. Und dann kommt er noch auf seinen Liebling zu sprechen, eine wunderschöne blaue Jazzgitarre, die er seit einem Jahr besitzt. "Sie passt genau zu ihm", sagt Anna Ratzer.

Das Jazzfestival dauert von 13. bis 22. Oktober. Es beginnt mit der Vernissage einer Ausstellung von Jazzfotografien am Sonntag, 12. Oktober, 17 Uhr, im Studio an der Rampe im Klosterbauhof. Das Konzert mit Karl Ratzer und dem International Septet findet statt am Samstag, 17. Oktober, im Alten Kino. Beginn ist um 19 Uhr. Zuerst spielt die 30-Years-After-Big-Band. Tickets kosten 16 bis 24, Abendkasse 17 bis 25 Euro. Tickets gibt es unter ebe-jazz15.de und Telefon (08092) 255 92 05.

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