Sponsoring in der Bundesliga:Wie stark VW mit dem Profifußball verflochten ist

Martin Winterkorn Maskottchen

Martin Winterkorn und Wölfi: Der ehemalige VW-Chef hat Volkswagen zum wichtigsten Sponsor in der Bundesliga gemacht

(Foto: imago sportfotodienst)

Von Matthias Schmid

Matthias Müller ist leidenschaftlicher Tennisspieler. In seiner Zeit als Porsche-Chef besuchte er gerne das nach dem schwäbischen Autobauer benannte Frauentennis-Turnier in Stuttgart. Ob der neue Vorstandsvorsitzende des Volkswagenkonzerns auch leidenschaftlicher Fußballfan ist, ist nicht überliefert. Zumindest schreckt er angesichts der existenziellen Krise wegen manipulierter Abgaswerte nicht vor Sparmaßnahmen am einstigen Lieblingsspielzeug seines Vorgängers Martin Winterkorn zurück. In dessen Amtszeit entwickelte sich VW zum größten und bedeutendsten Sponsor des deutschen Fußballs. "Wir drehen jeden Stein um und werden uns auch das ansehen", sagte Müller im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Zuvor hatte er wegen des Skandals einen rigorosen Sparkurs für den gesamten Konzern angekündigt. VW drohen milliardenschwere Strafzahlungen. "Deshalb stellen wir jetzt alle geplanten Investitionen noch mal auf den Prüfstand. Was nicht zwingend nötig ist, wird gestrichen oder geschoben", sagte Müller im Wolfsburger VW-Stammwerk: "Ich bin ganz offen: Das wird nicht ohne Schmerzen gehen."

Inwieweit die Fußballbranche vom auferlegten Sparprogamm betroffen sein könnte, darüber kann bisher nur gerätselt werden. "Es gibt keinen Grund, sich jetzt Sorgen zu machen, weil es da brennendere Themen gibt. Da geht es um andere finanzielle Größenordnungen", sagte der Sportchef des VfL Wolfsburg, Klaus Allofs, am Dienstag der dpa noch vor Bekanntwerden des Müller-Interviews, um dann am Mittwoch sehr viel vorsichtiger zu formulieren: "Es ist natürlich klar, dass wir im Kontext dessen, was sich dort entwickeln muss, auch unsere Rolle spielen müssen." Die VfL Wolfsburg-Fußball GmbH ist eine 100-prozentige Tochter des VW-Konzerns.

Wie viel Geld insgesamt aus Wolfsburg in den Fußball fließt, darüber liegen keine verlässlichen Zahlen vor. Allein 90 Millionen Euro pro Saison sollen es sein, die VW dem VfL zukommen lässt, der 2009 die Meisterschaft und in diesem Jahr den Pokal gewann. Für die gleiche Summe kaufte sich die VW-Tochter Audi einst beim FC Bayern ein, wo sie an der AG 8,3 Prozent Anteile hält. Auf einen dreistelligen Millionenbetrag werden die Investments in die Branche pro Jahr geschätzt.

Die Höhe der Zahlungen kennt nicht einmal VW selbst

Dem Vernehmen nach können sie aber nicht einmal in Wolfsburg genau beziffern, wie hoch die Zuwendungen an die 18 Klubs der ersten und zweiten Liga und an den Deutschen Fußball-Bund als Hauptsponsor des Pokalwettbewerbs sind, weil sie dezentral gesteuert und nicht von einer Hand gelenkt werden. "Fußball ist für Volkswagen eine wichtige Marketing- und Kommunikationsplattform", heißt es in einer Stellungnahme des Konzerns: "Volkswagen erreicht darüber nahezu alle Zielgruppen - und das weltweit. Denn Fußball ist in den meisten Märkten Volkssport Nummer eins, dazu ist er hoch emotional, nicht elitär und passt somit perfekt zur Marke."

Das Großsponsoring war bei VW allerdings offenbar nicht unumstritten: Der zurückgetretene Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch soll kein Freund des Investments gewesen sein. Er machte dem Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn regelmäßig Vorhaltungen deswegen, wie Insider mehrmals berichtet haben.

Winterkorn sitzt auch nach seinem Rücktritt neben Audi-Chef Rupert Stadler im Aufsichtsrat des FC Bayern.

Das sind die Klubs im Überblick:

Die Sponsoraktivitäten des VW-Konzerns in der ersten und zweiten Liga im Einzelnen:

Bundesliga:

FC Bayern: Etwa 90 Millionen Euro hat sich Audi einst den 8,3-Prozent-Anteil an der FC Bayern AG kosten lassen. Die Mannschaft fährt im Mannschaftsbus der VW-Tocher MAN und das Wintertrainingslager des FC Bayern trug den Namen "Volkswagen Camp Qatar".

VfL Wolfsburg: Ist eine 100-prozentige Tochter des VW-Konzerns und erhält etwa 90 Millionen Euro pro Saison. Nicht zu vergessen die Frauenmannschaft, die im vergangenen Jahr die Meisterschaft und die Champions League holte.

FC Ingolstadt: Audi hält an der FC Ingolstadt Fußball GmbH 19,9 Prozent. Außerdem heißt das Stadion Audi-Sportpark.

Hertha BSC: Audi ist Exklusiv-Partner und rüstet die Spieler mit Autos aus.

Werder Bremen: VW zeichnet unter anderem nach jedem Spiel den "VW Man of the Match" aus.

Hamburger SV: MAN stellt den Mannschaftsbus des Hamburger SV.

Borussia Dortmund: Auch die Dortmunder sind im MAN-Bus unterwegs.

FC Augsburg: Audi ist Exklusivpartner, die Augsburger Spieler, Trainer und Betreuer kommen unter anderem in den Genuss von Fahrzeugen.

Hannover 96: VW Nutzfahrzeuge ist offizieller Automobilpartner, Profis, Trainer und Betreuer fahren Autos von VW.

TSG Hoffenheim: Audi ist Business-Premium-Partner in Hoffenheim, der Name erscheint prominent auf den LED-Banden im Stadion.

Borussia Mönchengladbach: Audi ist Co-Sponsor von Borussia Mönchengladbach und ist zum Beispiel auf der Werbetafel abgebildet.

FC Schalke 04: VW ist der exklusive Automobil-Partner des FC Schalke 04 und stattet die Profis sowie Trainer- und Betreuerstab mit den neuesten Modellen aus.

2. Liga:

Eintracht Braunschweig: Seat ist Haupt- und Brustsponsor bei Eintracht Braunschweig, außerdem ist die Volkswagen-Bank Exklusivpartner.

TSV 1860 München: VW ist Hauptsponsor von 1860 München, die Brust des Trikots ziert der Schriftzug "Think Blue", hinter dem sich die Nachhaltigkeitsstrategie der Automobilmarke verbirgt.

FC Kaiserslautern: MAN liefert dem 1. FC Kaiserslautern den Mannschaftsbus.

RB Leipzig: VW und Porsche unterstützen finanziell den RB Leipzig, wobei sich Porsche mit dem Motto "Turbo für Talente" vor allem dem Nachwuchs widmet.

Greuther Fürth: VW ist Exklusivpartner von Greuther Fürth, neben Bandenwerbung umfasst die Partnerschaft auch PR-Auftritte von Spielern.

1. FC Nürnberg: Audi ist offizieller Automobilpartner des 1. FC Nürnberg und stellt den Spielern die neuesten Modelle zur Verfügung.

Außerdem ist VW Hauptsponsor des DFB-Pokals, wo jede Mannschaft mit dem Konzern-Logo am Ärmel auflaufen muss und veranstaltet zudem mit dem VW Junior Masters das größte deutsche Turnier für C- und D-Junioren.

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