Deutsche Bank:Warum die Deutsche Bank jetzt Rekordverluste meldet

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Hoher Quartalsverlust: Filiale der deutschen Bank in Frankfurt am Main (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)
  • Die Deutsche Bank verkündet den höchsten Quartalsverlust in ihrer Geschichte.
  • Darunter dürften Aktionäre und Mitarbeiter des Instituts leiden.
  • Beobachter halten den Schritt des neuen Chefs John Cryan für verständlich.

Analyse von Meike Schreiber, Frankfurt

Verlust höher als in der Finanzkrise

Oft verklären sich die Dinge, wenn man sie hinter sich lässt. Insofern verwunderte es nicht, dass Ex-Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain erst vor wenigen Tagen auf einer Veranstaltung in London erklärte, er sei zufrieden mit seiner Leistung und habe die Bank auf den richtigen Weg gebracht. Es war sein erster öffentlicher Auftritt nach dem Rücktritt Anfang Juni, viel sagte er nicht, aber zu einem kleinen Selbstlob ließ er sich doch hinreißen: "Ich bin besonders stolz auf die Transformation - von einem vorwiegend deutschen Institut zu einer wirklich globalen Bank. Darauf ist jeder bei der Bank stolz."

Sein Nachfolger im Amt, John Cryan, sieht das offenbar ganz anders. Just diese Woche ist er 100 Tage im Amt - da verkündete er den höchsten Quartalsverlust in der Geschichte der Bank. Grund: zahlreiche Abschreibungen auf mehrere Beteiligungen, auch auf die zum Verkauf stehende Postbank. Unter dem Strich dürfte im dritten Quartal nun ein Fehlbetrag von 6,2 Milliarden Euro stehen, kündigte das Institut in der Gewinnwarnung an. Selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 hatte die Bank keinen so hohen Verlust ausweisen müssen.

Mitarbeiter und Aktionäre leiden

Spüren dürften das die Aktionäre, denn die Dividende könnte gekürzt werden oder ganz ausfallen. Es werde jedoch auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter und ihre Boni haben, schrieb Cryan in einem öffentlichen Brief an die Mitarbeiter. "Die Aktionäre erwarten zu Recht, dass die Mitarbeiter einen Teil der Belastung tragen." Es war das dritte Mal seit Amtsantritt im Juli, dass sich der Brite per Brief direkt an die Mitarbeiter wandte.

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Allein auf den Geschäfts- und Firmenwert im Privatkundengeschäft sowie im Investmentbanking will der Konzern nun rund 5,8 Milliarden Euro abschreiben. In diesen Bereichen will Cryan besonders stark umbauen und sparen. Außerdem will die Bank erst in den vergangenen Monaten festgestellt haben, dass sie wegen der strengeren Regulierung für viele Bereiche noch viel mehr Eigenkapital zurücklegen muss, als sie dies noch im Frühjahr erwartet hatte.

Dies ist offenbar in erster Linie den neuen Bankenaufsehern der EZB geschuldet, die nun noch einmal höhere Eigenkapitalausstattungen von einzelnen Banken verlangen. Dabei geht es um den so genannten SREP-Prozess, in dessen Rahmen die EZB die größten Banken der Euro-Zone 2015 monatelang durchleuchtet hatte. Basierend auf dieser Untersuchung bekommen die Geldhäuser bald neue individuelle Mindestkernkapitalquoten vorgegeben, an die sie sich halten müssen.

Bekanntes Phänomen

Der Deutschen Bank, so lässt sich die Abschreibung interpretieren, werden die Aufseher offenbar eine überraschend hohe Vorgabe machen - anders lässt sich nicht erklären, dass Cryan die Maßnahme erst jetzt anstößt, saß er doch bereits vor seinem Amtsantritt dem Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates vor und hätte die neuen Wertansätze noch unter der alten Führung durchsetzen können.

Neben der Postbank, deren Wert der Konzern um einen nicht genannten Betrag abschrieb, entfielen Wertberichtigungen von 600 Millionen Euro auf die knapp 20-prozentige Beteiligung an der chinesischen Bank Hua Xia, die nun ebenfalls verkauft werden soll.

Hinzu kommen erneut Rückstellungen für die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten der Bank. Sie werden sich auf rund 1,2 Milliarden Euro belaufen. Allerdings könnte sich diese Zahl noch erhöhen, bis die Bank ihre Bücher für das abgelaufene Quartal schließt. Die endgültigen Zahlen sowie weitere Details zur Strategie will Cryan am 29. Oktober vorlegen.

Die Aktionäre nahmen die Rekordabschreibung nach anfänglichen Verlusten erstaunlich gelassen hin, die Papiere erholten sich am Vormittag und drehten sogar ins Plus. Nachdem die schlechten Nachrichten nun veröffentlicht seien, werde die Aktie bald wieder steigen, sagten mehrerer Analysten. An der Börse ist es ein bekanntes Phänomen, dass neue Chefs erst einmal so viel abschreiben wie nur irgendwie möglich, um nachher von der Erholung zu profitieren. "Das ist eindeutig eine negative Überraschung, obwohl die Abschreibungen auf die Postbank und Hua Xia mehr oder weniger erwartet wurden", sagte Analyst Philipp Häßler von Equinet. Positiv sei allerdings, dass die Kapitalisierung der Deutschen Bank mit einer harten Kernkapitalquote von elf Prozent solide bleibe. Eine Kapitalerhöhung sei daher nicht wahrscheinlicher geworden.

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