Basketball:15 Minuten reichen

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Nihad Djedovic (hier gegen Ivan Elliot) steuert 14 Punkte, fünf Rebounds und vier Assists zum Sieg bei. (Foto: imago)

Titelanwärter FC Bayern München demonstriert nach einer pomadigen ersten Halbzeit in Hagen nach der Pause seine großen Möglichkeiten

Von Joachim Mölter, München

Der Basketball-Trainer Matthias Fischer ist nicht zu beneiden in diesen Tagen, denn er muss mit den Telekom Baskets Bonn am Sonntag (15 Uhr) beim FC Bayern München zum Bundesliga-Spiel antreten. Wenn Fischer das Video vom Münchner 97:82-Erfolg bei Phoenix Hagen am Mittwochabend analysiert, wird er sicher ins Grübeln kommen, welche taktischen Vorgaben er seinen Profis geben soll; er könnte es aber durchaus auch einfach mit der Angst zu tun bekommen.

Eine Halbzeit lang schürten die Bayern-Basketballer die Hoffnung der Bundesliga-Konkurrenz, dass ihnen trotz des verstärkten Kaders doch irgendwie beizukommen sei. Da ließen sie die Hagener gewähren und sich in einen Rausch spielen - 45:57 lagen die Münchner nach zwanzig Minuten zurück. "57 Punkte in der ersten Hälfte - das ist viel zu viel", fand Münchens Neu-Nationalspieler Anton Gavel. Das fand auch sein Trainer Svetislav Pesic, der Auszeiten und Viertelpause nutzte, um seinen Akteuren eindringlich ins Gewissen zu reden und sie zu einem engagierteren Abwehrverhalten zu animieren. Schließlich sollte die Defensive in dieser Saison die Identität, der Markenkern der Mannschaft sein; so hatte es zumindest Co-Trainer Emir Mutapcic nach dem Saisonstart gegen Pokalsieger EWE Baskets Oldenburg (82:56) am vergangenen Freitag formuliert.

Doch an diesem Mittwoch erzeugte erst eine längere Ansprache in der Halbzeitpause die gewünschte Reaktion. Innerhalb von kurzer Zeit drehten die Münchner die Partie, raubten sie Hagen (samt der zuschauenden Konkurrenz) jegliche Hoffnung und Illusion. Sie legten ihren Gegenspielern sozusagen Fußfesseln und Handschellen an, setzten zudem Daumenschrauben an und verwandelten so einen 13-Punkte-Rückstand (45:58/21. Minute) binnen 15 Spielminuten, einer starken Viertelstunde also, in eine 22-Punkte-Führung (93:71/36.). Dafür gebe es eine "ganz einfache Erklärung", resümierte Pesic: "Wir waren besser in der zweiten Halbzeit."

Der beeindruckende Zwischenspurt hatte die Laune des 66-Jährigen sichtlich gehoben, er ging mit seinen Akteuren nach der Partie jedenfalls gar nicht mehr so hart ins Gericht wie noch während der Begegnung. Er fand sogar, bei den vier Dreiern von Hagens Topscorer Adam Hess (insgesamt 24 Punkte) allein im ersten Viertel, habe sein Team "eigentlich nicht schlecht verteidigt". Und er hatte auch ein Kompliment für die Phoenix-Profis übrig, die "mit viel Mut und viel Risiko gespielt" haben.

Sein Trainerkollege Ingo Freyer, einst bei Alba Berlin Spieler unter Pesic, erwiderte höflich: "Es macht Spaß, gegen die Bayern zu spielen und sich mit so einer Marke zu messen. Und es ist schön, eine Siegchance zu haben." Die hatte seine Mannschaft freilich allenfalls vor dem Seitenwechsel. "In der zweiten Hälfte war München dann zu aggressiv und körperlich zu stark", gab Freyer zu: "Dem Druck konnten wir nicht standhalten."

Dieser Druck kam aus allen Richtungen und von allen Seiten. "Wir haben die Würfe einfach nicht mehr zugelassen", sagte Gavel, "und wir haben auch schneller nach vorne gespielt." Immer wieder piesackte ein anderer FC-Bayern-Profi die Gastgeber, selbst die vor der Pause sehr unauffälligen K.C. Rivers und Deon Thompson setzten Nadelstiche in der Wendezeit des Spiels. Insgesamt punkteten sechs Münchner zweistellig, vorneweg die groß gewachsenen Kräfte John Bryant (19, außerdem sechs Rebounds) und Dusko Savanovic (16), dahinter die etwas kleineren Nihad Djedovic und Anton Gavel (je 14) sowie die amerikanischen Guards Alex Renfroe (13) und Rivers (11).

Djedovic und Renfroe hatten auch bei den Rebounds häufig ihre Hände im Spiel (fünf bzw. sechs) und brachten zudem ihre Mitspieler am meisten in Wurfposition (vier- bzw. siebenmal). Bedenkt man, dass in Kapitän Bryce Taylor und Spielmacher Vasilje Micic sowie dem Zugang Maxi Kleber noch drei wichtige Spieler wegen den Folgen von Verletzungen fehlen, ergibt das eine Tiefe und Variabilität im Kader, die jeden gegnerischen Trainer in dieser Saison vor Probleme stellen dürfte. Nicht nur Matthias Fischer, den Coach des Vorjahres-Vierten aus Bonn.

© SZ vom 09.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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