Flüchtlinge:Sympathie und Skepsis

Aslyinformation

Landrat Löwl informiert in der Bergkirchener Schulaula über Flüchtlingspolitik.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Auf der Informationsveranstaltung des Dachauer Landrats zu weiteren Flüchtlingen in Bergkirchen geben sich die 200 Bürger hilfsbereit. Aber sie wollen auch wissen, wie es in der Asylpolitik weitergeht.

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

Von Protest oder Widerstand ist nichts mehr zu spüren an diesem Mittwochabend in der Bergkirchener Schulaula. Dort informierten und diskutierten Landrat Stefan Löwl und Bürgermeister Simon Landmann (beide CSU) zur geplanten Flüchtlingsunterkunft, die im November in einer Traglufthalle mit 300 Plätzen im Gewerbegebiet Gada eingerichtet werden soll. Noch im September hatten Bürger eine Unterschriftenaktion gegen dieses Vorhaben gestartet, da bereits 55 Asylbewerber im Bergkirchener Ortsteil Gröbenried leben.

Doch angesichts der vielen Flüchtlinge, die aktuell in den Landkreis kommen und vor der kalten Jahreszeit untergebracht werden müssen, stellt sich niemand mehr gegen die zweite Unterkunft. Dennoch treiben die gut 200 Bürger im Saal Sorgen um, vor allem die unübersichtliche Flüchtlingspolitik der Bundesregierung beschäftigt die Menschen. Aber auch Zuversicht und Engagement sind erkennbar. Mehr als 50 Zuhörer tragen sich in Listen ein, um künftig im örtlichen Helferkreis mitzuarbeiten. Applaus erhalten Redner wie Wolfgang Kuchler, der fragte: "Wie kann ich als Bürger die beste Unterstützung bieten?"

Bergkirchens Bürgermeister wirbt um Verständnis. Angesichts des Flüchtlingsstroms musste die Gemeinde eine weitere Unterkunft ermöglichen, so Landmann. Bewusst habe sich der Gemeinderat für die Traglufthalle im Gewerbegebiet entschieden, weil mit Busanbindung, Kinderbetreuung und Nahversorgung dort die Infrastruktur passe. Die Alternative wären Containerunterkünfte bei einem der Sportvereine oder einem Bürgerhaus gewesen. Eine Entscheidung, die jetzt auch Georg Betz nicht kritisiert, der im September die Unterschriftenaktion gegen die Traglufthalle in Gada gestartet hat. "Wer Asyl braucht, soll bleiben", betont der Feldgedinger ausdrücklich. Aber ihn stören die langen Verfahren. "In der Schweiz wird innerhalb einer Woche entschieden."

Löwl hofft auf Hilfe aus Berlin

Tatsächlich "ein Riesenproblem", gibt der Landrat ihm Recht. "Aber das ist in Berlin bis heute nicht angekommen." In Europa nehme nur Deutschland nennenswert Flüchtlinge auf, "wir bekommen noch eine zweite und dritte Halle in Gada", fürchtet ein Bürger. "Es kommen Millionen, wie soll das gehen", sorgt sich ein anderer. Die Flüchtlinge strömten nach Deutschland, weil hier das Versorgungsniveau am besten ist, erklärte ein Teilnehmer. "Ich bin nicht der Schwarzmaler, aber wir werden die Flüchtlinge der Welt nicht alle aufnehmen", entgegnete der Landrat. Wenn der Winter nicht in eine Katastrophe führen soll, "müssen Entscheidungen fallen", sagte Löwl in Richtung Berlin. "Ich hoffe, dass wir es schaffen."

Auch konkrete Ängste und Vorbehalte beschäftigen die Bergkirchener. Etwa wegen der Flüchtlinge, die derzeit ohne Registrierung ein- und herumreisen. "Ihr habt die Lage nicht im Griff", schimpfte ein Bürger. Warum werden Asylbewerber, die klauen, nicht gleich wieder heimgeschickt? Was passiert mit den Flüchtlingen, die kürzlich einen Mitbewohner in der Berufsschulturnhalle verprügelt haben? Wie werden unsere Kinder geschützt? In Gröbenried würden die Asylbewerber zu laut feiern, beklagte ein Anwohner.

Sachlich gegen Vorurteile

Konkreter Kritik wie unterschwelligen Vorurteilen begegnete der Landrat mit Sachlichkeit. Um Straftaten kümmerten sich Polizei und Staatsanwaltschaft, bei Problemen stünden Helferkreis oder Ansprechpartner von Caritas und Landratsamt bereit. "Melden Sie sich, wir kümmern uns", ruft Löwl die Bürger auf. Ein Bergkirchener fragt, ob bei einem frühen Wintereinbruch Sporthallen belegt würden. "Es ist nichts Tabu", so Löwl. Im Sinn einer gerechten Verteilung werde wohl keine Bergkirchener Halle genutzt, wo dort dann 300 Plätze in der Traglufthalle bereit stehen.

Vor der Diskussion hat der Landrat ausführlich über Fluchtursachen, Routen und die Situation im Landkreis referiert. Mit seinem Vortrag reist er überall an, wo neue Unterkünfte eröffnen, um die Bürger persönlich zu informieren. Von Termin zu Termin ändern sich die Prognosen, momentan rechnet der Landkreis mit 1900 Flüchtlingen bis zum Jahresende. Das Landratsamt wie auch die hauptamtlichen Asylberater der Caritas können eine intensive Betreuung dieser vielen Menschen nicht leisten. Um die Flüchtlinge zu integrieren, "in unsere Kultur und unser Leben", seien die Bürger gefragt, so der Landrat.

Auch Bürgermeister Landmann warb um Unterstützung, "wir sprechen über Menschen, die Hilfe brauchen". Der Kontakt mit den Flüchtlingen sei "der beste Weg zur Information", betonte Anita Zacherl, die den 15 köpfigen Helferkreis koordiniert. Um künftig auch die 300 Flüchtlinge in der Traglufthalle zu betreuen, werde weitere Unterstützung benötigt. Die Bereitschaft zu helfen, ist in Bergkirchen offensichtlich vorhanden. Schon vor dem Infoabend haben sich 23 Bürger im Rathaus gemeldet, mehr als 50 Bergkirchener trugen sich spontan am Abend in die Helferliste ein. Viele sehen es offenbar wie Anita Zacherl, die sagt: "Wir sind doch eine Welt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: