CSU-Kongress:Das Publikum darf mitreden

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Wird auch nach Erding kommen: CSU-Vorsitzender Horst Seehofer (Foto: Robert Haas)

Die Parteispitze der CSU diskutiert beim Fachkongress in der Stadthalle am Samstag ihre Flüchtlingspolitik und erwartet kontroverse Debatten. Die Kommunalpolitiker hoffen, dass auch ihre Themen zur Sprache kommen

Von Sebastian Fischer, Erding

Der Satz vom CSU-Pressesprecher klingt wie einstudiert: "Wir werden überrannt", sagt Jürgen Fischer. Es geht um die Flüchtlingspolitik seiner Partei - allerdings sind diesmal nicht Flüchtlinge gemeint, die nach Bayern wollen. Sondern Bayern, die nach Erding wollen: 650 Menschen, die meisten davon geladene Gäste, hatten sich am Freitag für den CSU-Fachkongress Migration und Flüchtlinge am Samstag in der Stadthalle angemeldet. Nachdem CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer nach einer Sondersitzung am Freitag der Bundesregierung mit einer Verfassungsklage drohte, sollte sie den Flüchtlingszuzug nicht begrenzen, gewinnt die Veranstaltung an Bedeutung.

Ein Großteil der Parteispitze wird am Samstag in Erding sein; zu Beginn um 14 Uhr werden CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und Seehofer sprechen, Titel seiner Rede: "Die größte Herausforderung unserer Zeit". Danach wird diskutiert: Über Migration - Fischer sagt: "die Begrenzung von Zuwanderung" - sprechen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Entwicklungsminister Gerd Müller, Landkreistagspräsident Christian Bernreiter und Ozan Iyibas, Vorsitzender des Arbeitskreises Migration und Integration (alle CSU). Außerdem ist Armin Nassehi eingeladen, Soziologieprofessor an der LMU. Und deshalb könnte eine interessante Diskussion entstehen.

Denn Nassehi ist Befürworter eines Einwanderungsgesetzes, gegen das sich die CSU sträubt. Über den jüngsten Plan des Ministerpräsidenten, Flüchtlinge an der Grenze abweisen zu wollen, sagt er: "Solche Ideen brauchen wir nicht. Das weiß eigentlich auch Herr Seehofer." Nassehi glaubt, die CSU unterschätze ihre Wähler: "Der Partei tut die Gegenposition zur CDU nicht gut. Sie nutzt nur den Parteien am rechten Rand - und rechtfertigt deren Aussagen." Seehofers Rhetorik locke Ängste in der Bevölkerung hervor und lenke davon ab, dass Migration kein Problem, sondern schlichtweg Realität sei, für die es eine veränderte Integrationspolitik und verlässliche Strukturen brauche.

Über die Förderung von Integration, das zweite Diskussionsthema, sprechen der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, Sozialministerin Emilia Müller und der EVP-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament Manfred Weber. Außerdem hat die CSU den Berliner Historiker Jörg Baberowski eingeladen, der sich zuletzt kritisch über die steigenden Flüchtlingszahlen geäußert hat. In einem Gastbeitrag in der FAZ stellte er ungesteuerte Fluchtzuwanderung als Gefahr für den sozialen Frieden dar. Die Einwanderung von 500 000 Menschen sei technisch zu bewältigen: "Aber wollen wir sie auch bewältigen? Diese Frage hat niemand gestellt."

CSU-Sprecher Fischer begründet die Einladung von Nassehsi und Baberowski mit deren "sehr interessanten Beiträgen" zur Debatte. An der Debatte am Samstag soll sich auch das Publikum beteiligen können. Laut Fischer werde niemand an der Tür der Stadthalle abgewiesen, der an der Veranstaltung teilnehmen will: "Das wichtigste ist, dass diskutiert wird." Jedoch ist der Platz zumindest im großen Saal der Stadthalle begrenzt. Die Erdinger Polizei wird mit mehreren Beamten präsent sein, rechnet jedoch, wie ein Sprecher erklärt, nicht mit einem erhöhten Aufkommen auf dem Platz vor der Stadthalle.

Die hat die CSU für den Kongress ausgewählt, weil sie durch ein verschobenes Konzert kurzfristig frei geworden war. Mit der Einrichtung der Wartezone für bis zu 5000 Flüchtlinge auf dem Fliegerhorstgelände habe die Wahl des Veranstaltungsortes nichts zu tun, heißt es. Doch die CSU-Kommunalpolitiker - an der Organisation nicht beteiligt, aber natürlich eingeladen - erhoffen sich, dass auch die Situation in Erding zur Sprache gebracht wird. "Ich gehe davon aus, dass es angesprochen wird", sagt Thomas Bauer, Fraktionssprecher der CSU im Kreistag.

Landrat Martin Bayerstorfer hatte nach der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, die Wartezonein seinem Landkreis zu errichten, eine Entlastung von höherer Stelle gefordert. Er gehe davon aus, sagte Bayerstorfer, dass Erding seine Pflicht zur Unterbringung von Flüchtlingen erfüllt habe.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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