Stefan Effenberg:Grüne Wiesn

Anfangs genießen es die Ex-Profis, nicht mehr schwitzen zu müssen und im Wiesn-Zelt bewundert zu werden. Aber irgendwann holt sie alle der Fußball wieder ein.

Von Christof Kneer

Von der "Initiative Borussia" hat man schon länger nichts mehr gehört. Das könnte damit zusammenhängen, dass sie sich kurz nach ihrer Gründung wieder aufgelöst hat, peinlich berührt von ihrer eigenen Existenz. Eine Interessensgemeinschaft dieses Namens hatte vor viereinhalb Jahren mal versucht, in Mönchengladbach die Amtsgeschäfte zu übernehmen, versprochen wurde nichts weniger als eine "Revolution". Die Borussia steckte damals tief im Abstiegskampf, wofür die Initiative unter anderem den dilettantischen Manager Max Eberl verantwortlich machte. Der Dilettant sollte durch den großen Stefan Effenberg ersetzt werden, der die ebenfalls großen Günter Netzer, Hans-Hubert Vogts sowie Horst Köppel in sein Team einzubinden versprach, wobei man nie verstanden hat, wie genau. Am Ende fiel der Putsch leider aus, die Mitglieder zeigten der Initiative den Stinkefinger. Die Borussia hat ihre Zukunft dann auch ohne Revolution ganz ordentlich hingekriegt, und der dilettantische Eberl ist sogar ein paar Mal zum "Manager des Jahres" gewählt worden, wenn auch nicht von Stefan Effenberg.

Aus dieser Zeit stammen die letzten Fachbeiträge von Stefan Effenberg, wenn man von den bezahlten Fachbeiträgen des Fernseh-Experten Effenberg einmal absieht. Aktuellere Beiträge fanden sich zuletzt eher in den Ressorts, die nicht über Punkte in der Tabelle, sondern über Punkte in Flensburg informieren. Effenberg war auf seinem Weg zu einer Boulevardfigur von wahrhaft loddarhafter Wucht schon recht weit gekommen, bevor ihn der Zweitligist Paderborn nun zurückgeholt hat ins Sportressort. Zwar liegt Effenberg im Vergleich zum Loddar zahlreiche Länderspiele sowie ein paar Heiraten hinten, aber in der Kategorie, die am Morgen danach immer noch die wichtigste ist, hat er ihn nun übertrumpft. Effenberg ist jetzt das, was Lothar Matthäus immer sein wollte: Trainer im deutschen Profifußball.

Es ist ein mutiger, durchaus respektabler Schritt eines Mannes, der mal ein bemerkenswerter Spieler war und dem es auch nicht anders ergeht als vielen anderen, die in ihrem ersten Leben 20 oder 200 Bundesligaspiele bestritten haben. Am Anfang mag es befreiend sein, nicht mehr ständig in Trainingslagern zu schwitzen und sich im Wiesn-Zelt bewundern zu lassen wie ein seltenes Tier. Irgendwann aber meldet sich auch bei ehemaligen Fußballprofis das Leben mit der Was-mach-ich-eigentlich-morgen-Frage zurück, und im falschen Teil der Zeitung will man ja auch nicht jeden Tag stehen. Irgendwann plagt fast alle die Sehnsucht nach dem grünen Rasen, auf dem sie mal gut waren, und vor allem für jene, die dem Spiel mal ihren Willen aufzwingen konnten, ist es schwer zu verstehen, wenn Profitrainer plötzlich Martin Schmidt, Roger Schmidt oder Frank Schmidt heißen und nicht Stefan Effenberg, Mehmet Scholl oder Jens Lehmann. Ein TV-Job hilft eine Weile als Ersatzdroge, aber am Ende geht doch nichts über das heilige Gras, das zur Not sogar in Paderborn wachsen darf.

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