EU:EU-Kommission sieht Transitzonen mit Skepsis

  • Die von den Unionsparteien geplanten Transitzonen werden von der EU-Kommission mit Skepsis gesehen.
  • Der Sprecher von Kommissionspräsident Juncker betonte, Transitzonen können an Binnengrenzen der EU nur als Ausnahme für eine begrenzte Zeit eingeführt werden.
  • Der SPD-Vorsitzende Gabriel betrachtet den Transitzonen-Vorschlag als Mittel, den Frieden zwischen CDU und CSU wiederherzustellen.

Von Daniel Brössler, Christoph Hickmann und Robert Roßmann, Brüssel/Berlin

Die EU-Kommission lässt erhebliche Zweifel an den von den Unionsparteien verlangten Transitzonen erkennen. "Praktisch stellt sich die Frage, inwieweit solche Transitzonen tatsächlich funktionieren würden an einer EU-Binnengrenze", sagte der Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Dienstag in Brüssel.

Er räumte ein, dass Transitzonen in den EU-Regeln vorgesehen seien. Gedacht sei dabei aber in erster Linie an Flughäfen und EU-Außengrenzen. In solchen Zonen könne festgestellt werden, ob nach internationalem Recht ein Anspruch auf Schutz bestehe oder nicht. "An Binnengrenzen der EU, wiewohl nicht explizit verboten, können solche Transitzonen nur als Ausnahme für eine begrenzte Zeit eingeführt werden", betonte er. Die zeitliche Befristung ergibt sich schon aus den Schengen-Regeln, die Passkontrollen an den EU-Binnengrenzen nur vorübergehend und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit erlauben.

Die Einlassung von Junckers Sprecher spricht für die Skepsis, mit welcher der Plan von CDU und CSU in Brüssel gesehen wird. Normalerweise hält sich die Kommission bei Vorhaben, die in Mitgliedstaaten noch nicht einmal endgültig vereinbart worden sind, mit Kommentaren zurück.

De Maizières Gesetzesentwurf

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat zwar einen Gesetzentwurf vorgelegt. Darin geht es aber nicht speziell um die Einführung von Transitzonen, sondern um die Umsetzung von zwei EU-Richtlinien in deutsches Recht. Dabei handelt es sich um die "Asylverfahrensrichtlinie" 2013/32/EU und um die "Aufnahmerichtlinie" 2013/33/EU. Neben einer Vielzahl anderer Regelungen wird damit auch die juristische Voraussetzung für die Einführung von Transitzonen geschaffen.

CDU und CSU hatten sich am Wochenende auf Druck der CSU darauf verständigt, solche Zonen einführen zu wollen. CSU-Chef Seehofer kündigte an, dass CDU, CSU, bayerische Landesregierung und Bundesregierung noch in dieser Woche ein Konzept dazu erarbeiten wollten.

Transitzonen sollen es ermöglichen, Flüchtlinge mit geringer Bleibe-Perspektive an der Einreise zu hindern und zunächst für einige Tage an der Grenze festzuhalten, bis über ihren Antrag auf Asyl entschieden worden ist. Zu diesen Flüchtlingen gehören unter anderem Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, etwa vom Westbalkan, oder solche mit absichtlich gefälschten Papieren.

Maas: Transitzonen "praktisch undurchführbar"

Die SPD hatte allerdings umgehend Widerstand gegen dieses Vorhaben angemeldet. Bundesjustizminister Heiko Maas sagte, eine schnellere Registrierung der Flüchtlinge sei "sicher notwendig". Aber "Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen, schafft mehr Probleme, als es löst". Die Forderung der Union sei daher "praktisch undurchführbar". Maas sagte, eine Landesgrenze sei "schlichtweg kein Flughafen". Wer Transitverfahren einfach von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, der schaffe "Massenlager im Niemandsland". Es handele sich dann nicht um Transitzonen, "sondern um Haftzonen".

Unionsfraktionschef Volker Kauder forderte die SPD auf, ihren Widerstand aufzugeben. Regierungen hätten zu handeln, Probleme beschreiben könne die Opposition, sagte Kauder. Seine Fraktion halte die Transitzonen "für ein gutes Instrument". Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer warf der SPD vor, in der Flüchtlingskrise "seltsam orientierungslos" zu sein. Man wisse "bei Herrn Gabriel nie, ob er heute die Position von Herrn Seehofer oder die der Kanzlerin vertritt".

Gabriel kritisiert de Maizière heftig

Der SPD-Vorsitzende bekräftigte in seiner Bundestagsfraktion aber die Kritik an den Transitzonen. Wenn man in das Gesetz schaue, seien dies "Haftzonen", sagte Sigmar Gabriel laut Teilnehmern. Dabei übte er heftige Kritik an Innenminister de Maizière: Er hätte nicht gedacht, "dass ein deutsches Verfassungsressort" solch einen Gesetzentwurf mache, sagte Gabriel. Das eigentliche Ziel des Transitzonen-Vorschlags sei es, den Frieden zwischen CDU und CSU wiederherzustellen.

Außerdem solle die SPD in eine schwierige Debattenlage gebracht werden. Der Vorschlag sei ein "Symbol", das die CDU nichts koste. Er habe der Bundeskanzlerin gesagt, er mache "sinnvolle Maßnahmen mit", aber nicht solche, die nur dafür da seien, dass Horst Seehofer "wieder lieb ist", so Gabriel.

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