Personalmangel:Zu wenig Lehrer an der Berufsschule

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Schulleiterin Andrea Reuß (links) diskutiert das Problem des Lehrermangels an der Berufsschule mit Vertretern der Industrie- und Handelskammer. (Foto: Günther Reger)

In Fürstenfeldbruck fallen 100 Unterrichtsstunden aus. Dabei bräuchte die Schulform eine personelle Aufrüstung, auch weil sie nun immer mehr Flüchtlinge in den Unterrichtsbetrieb integrieren muss

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

An der Berufsschule Fürstenfeldbruck gibt es nicht genügend Lehrer. In diesem Schuljahr liege die Lehrerversorgung nur noch bei 80 Prozent, klagt Schulleiterin Andrea Reuß. 100 Unterrichtsstunden müssen aus diesem Grund entfallen. Es trifft vor allem den Sportunterricht sowie Religion und Ethik, aber auch Stunden in allgemeinbildenden Fächern wie Deutsch und Sozialkunde.

"Die Berufsschule in Fürstenfeldbruck ist die am schlechtesten versorgte Berufsschule in ganz Bayern", sagt ihre Leiterin. Damit hat sich eine Entwicklung zugespitzt, die schon seit etwa zehn Jahren anhält. In diesem Schuljahr musste deshalb beim Sport, der ohnehin nicht mehr in allen Ausbildungsberufen zum Berufsschullehrplan gehört, gestrichen werden. "No sports" heißt es nun auch für die im Blockunterricht beschulten Klassen der IT-Berufe und der Elektrotechnik, ebenso für die Jugendlichen, die an der Berufsschule ein Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) absolvieren, für die Jugendlichen ohne Ausbildung (Joas), die an der Berufsschule unterrichtet werden, sowie für die Flüchtlingsklassen. Auch Religion und Ethik werden in einem von drei Ausbildungsjahren an der Brucker Berufsschule nicht unterrichtet und auch einige Stunden in Deutsch und Sozialkunde fallen weg. So sind beispielsweise für Sozialkunde, das immerhin Prüfungsfach ist, bei den Blockunterrichtsklassen nur drei statt vier Stunden vorgesehen.

Kaum mehr möglich ist außerdem, dass Klassen im fachpraktischen Unterricht des jeweiligen Berufs geteilt werden. Die Folge: Ein Lehrer muss diese Stunden in großen Klassen mit bis zu 30 Schülern abhalten. Nur noch ausnahmsweise, etwa wo die Schüler an bestimmten Maschinen arbeiten müssten, wird die Aufteilung derzeit aufrecht erhalten. "Wir versuchen es irgendwie kreativ aufzufangen", sagt Schulleiterin Reuß, aber sollte es in den Wintermonaten vermehrt zu Erkältungskrankheiten kommen, "dann haben wir keinen Spielraum mehr".

Mit Überstunden wurde bislang ein Teil des Lehrermangels abgefedert. Zwar dürfen die Berufsschulen auch Gymnasiallehrer für den Unterricht in allgemeinbildenden Fächern beschäftigen, allerdings nur auf zwei Jahre befristet. Das führt zum einen zu einem permanenten Wechsel innerhalb des Kollegiums, zum anderen fehlt den wieder ausgestellten Lehrern damit eine Perspektive. Der Verband der Lehrer an beruflichen Schulen (VLB) hat bereits Ende des vergangenen Schuljahres in einem offenen Brief an den bayerischen Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) davor gewarnt, in Anbetracht der knappen Personalversorgung an den beruflichen Schulen auch noch Kürzungen des Pflichtunterrichts vorzunehmen. Bei der Zuweisung von Personalressourcen fielen die Berufsschulen regelmäßig "hinten runter", beklagt der Verband. Dabei sollen die Berufsschulen durch die Verbindung von schulischem und betrieblichem Lernen den Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt sicherstellen. Probleme im schulischen Bereich der Ausbildung sind deshalb auch ein Thema für die Ausbildungsbetriebe. Andrea Reuß diskutierte das Problem deshalb kürzlich auch mit Vertretern der Industrie- und Handelskammer (IHK). Der Vorsitzende des Gremiums Dachau-Fürstenfeldbruck, Michael Steinbauer, regte daraufhin an, eine Petition einzureichen, um die Schule bei der Forderung nach mehr Lehrkräften zu unterstützen.

Denn in Zukunft wird die Berufsschule weitere Aufgaben schultern müssen. Drei Übergangsklassen für insgesamt 60 berufsschulpflichtige Asylbewerber sind in Fürstenfeldbruck bereits eingerichtet. Weiterer Bedarf ist vorhanden: 100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge warten noch auf einen Platz, doch es fehlen Personal und Räume. An der Fürstenfeldbrucker Berufsschule werden derzeit etwa 2000 Auszubildende in den Fachbereichen Elektrotechnik, Finanzwesen/Verwaltung, Gesundheit, Körperpflege, Handel/Industrie, IT-Berufe und Metall/Kfz unterrichtet - an einzelnen Wochentagen oder im Blockunterricht. Die Tage der Gebäude der Berufsschule an der Hans-Sachs-Straße sind indes gezählt. Der Landkreis Fürstenfeldbruck wird für 44 Millionen Euro einen Neubau an gleicher Stelle errichten. Ende 2017 soll mit den Abbrucharbeiten begonnen werden.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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